Kunstsammler: Top-Liga wohnt abwechslungsreich

Der Sammler David Gill betreibt in London eine berühmte Galerie für Möbel und Design. Er bewohnt ein kleines Haus aus dem 18. Jahrhundert im Stadtteil Mayfair.
Zu den schönsten Bildbänden in diesem Herbst zählt ein Buch über die privaten Domizile von großen Kunstsammlern. Was lernen wir daraus? Eine Prise Humor macht so viel Geschmack erst erträglich.
Ein Wohnzimmer mit einem Gemälde, einem Sofa und einer Blumenvase auf einem Tisch.

Falls es Ihnen noch nicht untergekommen ist: Eklektizismus ist für Einrichtungs-Fans das Zauberwort schlechthin. Der Ausdruck stammt aus dem Griechischen (eklektos: ausgewählt) und bezeichnet das kunstvolle Kombinieren völlig unterschiedlicher Stile und Epochen. 

Also, ein schlichter Hang zum Mischmasch würde jetzt manch einer sagen, doch das trifft es natürlich nicht ganz. Leider reicht es nämlich nicht, die alte Biedermeier-Kredenz mit chinesischem Porzellan vollzustellen (obwohl ...) – nein, ein Gesamtkonzept muss her!

Will heißen: Unter kenntnisreicher Berücksichtigung der Architektur des Hauses und der darin verwendeten Fußböden wählt man Wandfarben, Textilien, Lampen und Möbel aus. Und zwar so, dass nicht alles von einem Anbieter, aus einer Kollektion, beziehungsweise aus einem Guss ist, sondern mit gekonnt platzierten Brüchen. 

Wie in so vielen Bereichen des Lebens kommt es also auf die Brüche an, die leichte Schieflage ist sozusagen das Salz in der Suppe. 

Aber jetzt konkret: Wie kann eine Wohnung zum optischen Knaller werden? Ausprobieren ist gefragt, dazu Fantasie und etwas Interesse an Kulturgeschichte.

Wie das die Besten unter den Experten machen, also Leute, die sich den ganzen Tag mit nichts anderem als der hohen Kunst des guten Geschmacks beschäftigen, zeigt der neue Bildband "Mit Stil", erschienen im Callwey Verlag. 

Auf 380 Seiten gewährt das Buch Einblicke in die privaten Salons, Schlafzimmer und Gärten von 31 Sammlern und Galeristen auf der ganzen Welt. Die Top-Liga wohnt abwechslungsreich und das natürlich im ganz großen Stil.

 

Im großen Stil

Ein Sessel und ein Sofa stehen in einem Zimmer mit einem kleinen Tisch.

Der Kunstsammler Axel Vervoordt und seine Frau May leben etwa gleich in einem Wasserschloss aus dem 12. Jahrhundert in der Nähe von Antwerpen. Moderne Kunst bildet in allen Räumen (es sind 50!) den erfrischenden Gegensatz zu den antiken Möbeln. Auch die Wandfarben brechen mit der herkömmlichen Tradition des Hauses. Erdfarben in Wischtechniken oder starke Rot- und Blautöne bringen Spaß und Leben in das feierliche Ambiente.

Axel Vervoordt zählt zu den wichtigsten Antiquitätenhändlern in Belgien. Teile des eleganten Gebäudes verwendet er auch als Geschäftsräume für seine Kunden.

Der Antiquitätenhändler  Adam Blackman hat sich in Los Angeles in einer berühmten Siedlung aus der Moderne oberhalb von Santa Monica eingerichtet. Seine Firma ist berühmt für exzentrische Vintage-Stücke, vom Rasenmäher aus Aluminium aus den 1950er-Jahren bis zur zeremoniellen Kopfbedeckung aus Neuguinea

Sein eigenes Haus ließ Blackman von einem Architekten umbauen , um so die optimalen Räumefür seine Lieblingsstücke zu schaffen: Leder-Fauteuils aus den 1930er-Jahren folgen auf einen venezianischen Kristallspiegel, afrikanische Plastiken ergänzen abstrakte Bilder aus den 1950er-Jahren. 

Zu den schönsten Möbelstücken (und zu den wertvollsten) zählt der Stuhl "Pap Bear" von Hans Wegner. Adam Blackman ist stolz, dass er noch mit dem Original-Leder bezogen ist. Hier wird mit Ernst und sehr viel Liebe gesammelt.

Wie ein einziger Christbaumschmuck wirkt hingegen das Wohnhaus des berühmten Londoner Galeristen David Gill. Wahrscheinlich ist es unmöglich, in dieser Umgebung länger schlecht gelaunt zu sein.

Der ehemalige Mitarbeiter des Auktionshauses Christie’s gilt als Spezialist für Möbel und Kunst aus dem 20. Jahrhundert. Wie er diese bei sich privat kombiniert, ist sicher einzigartig: Über einem pflaumenfarbenen Samtsofa hängt eine Figur aus Plastik, ein Lehnstuhl aus giftgrüner Seide und vergoldetem Holz steht vor einem Couchtisch aus Glas und Chrom. 

David Gill macht es vor: Man kann sehr viel wagen – wenn man ein Gefühl für Oberflächen und Proportionen besitzt. Man muss dabei nicht alles alleine können. Sogar einer wie Gill ließ sich dabei von Francis Sutana, dem Innenarchitekten seines Vertrauens helfen. Ausgehend von Gills privater Kunst- und Objektsammlung entwickelte er dazu das passende Einrichtungskonzept. 

Seine große Portraitsammlung hat der Galerist Federico de Vera in New York passend in Szene gesetzt. Die zahlreichen Bilder von Köpfen aus vier Jahrhunderten werden in Petersburger Hängung(mehrere Bilder über- und nebeneinander) auf einer schwarzbraunen Wand präsentiert. 

Vor der beeindruckenden Wand leuchtet eine mit erbsengrünem Samt überzogene Chaiselongue aus Metall, daneben steht ein indischer Beistelltisch.

Die Künstlerin Florence Lopez bewohnt ein Penthouse im Pariser Viertel Saint-Germain-des-Prés. Jedes Jahr streicht sie darin die Wände in neuen Farben. Zurzeit sind es Dunkeltürkis und Schokoladebraun, Sonnengelb und Smaragdgrün. Wunderbar heben sich davon die weiß lackierten Jugendstilmöbel ab, die Florence Lopez vor allem aus Österreich mitgebracht hat. Faszinierender 3-D-Effekt: Die hellen Möbel vor dem dunklen Hintergrund erzeugen eine große Raumtiefe.

Was kann man aus all dem lernen?

Erstens: Ausprobieren hilft. Zweitens: Farbe ist immer gut – die Kombination macht es aus (ein gutes Duo ist daher besser als ein Ton allein). 

Zum Abschluss noch eine persönliche Erkenntnis: Die Biedermeier-Kredenz mit chinesischem Porzellan wäre gar kein so schlechter Anfang. 

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