Die längste Zeit will man gar nicht darüber nachdenken, dass es möglicherweise einmal nicht mehr ohne Hilfe geht. Doch irgendwann ist es dann so weit: Die eigenen Eltern sind pflegebedürftig. Und später, natürlich erst in weiter Ferne, ist man dann vielleicht selbst so jemand: Ein Mensch, der nicht mehr ohne fremde Hilfe leben kann.
Was die Architektur betrifft – und ihr kam gesellschaftspolitisch schon immer eine tragende Rolle zu – sind die Zeiten, in denen man Alte und Pflegebedürftige einfach irgendwohin verschoben hat, längst vorbei. So sehen das glücklicherweise auch immer mehr Auftraggeber, weshalb Modelle wie jene beiden
Pflegeheime in der
Steiermark, von denen auf diesen Seiten die Rede ist, überhaupt erst möglich sind.
Wenn man mit Architekt
Gerhard Mitterberger über seine realisierten Entwürfe spricht, dann erwähnt er zuerst, was ihn bei diesem Thema wirklich bewegt. Im Laufe seiner Arbeit musste er sich nicht nur intensiv mit den Lebensbedingungen von alten Menschen auseinandersetzen, sondern auch mit der Arbeit der dort Beschäftigten. „Ich kann nur sagen, Hut ab vor diesem Sozialberuf.“
In
Eggersdorf hat
Mitterberger ein Projekt realisiert, dass Hoffnung weckt: Alte werden hier nicht abgeschoben und bleiben unter sich, sondern durch eine kluge Mischung von Institutionen so weit wie möglich mitten im Leben belassen. „Ein
Pflegeheim ist kein Krankenhaus, aber auch kein Hotel, es ist ein Wohngebäude“, erklärt er.
So kamen zur Pflegestation eine Tagesstätte für Senioren, aber vor allem auch eine Kinderkrippe dazu. Diese Idee wurde schon vor Jahren in Frankreich ausprobiert, nun gibt es auch in Österreich das eine oder andere Pilotprojekt. In Zukunft würde man sich diese Kombination grundsätzlich überall wünschen. Laut Mitterberger soll dies in
Eggersdorf auch hervorragend funktionieren: Alte und Kinder haben in ihren jeweiligen Bereichen immer Sichtkontakt zueinander, regelmäßig treffen sie einander, um miteinander zu singen und zu turnen. „Das macht beiden Seiten sehr viel Freude.“
Die Eltern der Kinder hält es, so wie die Angehörigen der Pflegepatienten, aus mehreren Gründen auf dem Gelände. So gibt es hier auch einen Zahnarzt, eine Kinderärztin und einen Friseur. Es herrscht also reges, dörfliches Treiben rund um das „Haus der Generationen“. Auch die Architektur entspricht diesem Anspruch auf Durchmischung: Die Raumfolgen sind fließend und transparent zu den öffentlichen Bereichen hin geöffnet. Der Nutzung entspricht auch die Materialwahl: Holz schafft in den Außenbereichen Behaglichkeit und die mit Blättern bedruckten Fassadenplatten greifen den Baumbestand der Umgebung auf.
Visuelle Reize sollen die Plätze innerhalb des
Pflegeheimes bieten. Großflächige Fotografien von
Zita Oberwalder sind den Themen Wasser, Berg und Stadt gewidmet. „Die Menschen hier sollen ja weiterhin ein Gefühl dafür haben, dass sie ein Teil dieser Welt sind“, so
Mitterberger.
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