Der richtige Blick

Die Oberösterreicherin Hertha Hurnaus zeigt in ihrer Ausstellung in der Wiener Galerie Krobath die Bauwerke von Vladimír Dedeček. Mit IMMO spricht Sie über das perfekte Foto und warum Sie entschieden hat eine Ausstellung über sozialistische Baukunst zu gestalten.
Wussten Sie schon immer, dass Sie Gebäude ablichten wollten?

Nein, die jetzige Ausrichtung meines Berufs ist mir eigentlich passiert. Nach meiner klassischen Ausbildung habe ich zahlreiche Assistentenjobs übernommen, um verschiedene Bereiche kennenzulernen. Mitte der 1990er-Jahre habe ich mich dann selbstständig gemacht.
Zu dieser Zeit habe ich viele Architekten kennengelernt, die mir den Auftrag erteilten, ihre Projekte zu dokumentieren. Damals wurden viele junge Büros gegründet wie etwa BKK-2, die mich als Erste engagiert haben oder etwa auch querkraft und AllesWirdGut. Irgendwann hat sich dann herausgestellt, dass mir diese Disziplin sehr liegt, zu mir passt und die Studiofotografie definitiv nichts für mich ist.
Wann ist ein Foto gut genug?
Das ist jedenfalls nicht immer eine Frage von technischer Perfektion, denn je nachdem, in welchem Zusammenhang es gemacht oder genutzt wird, kann in einem Fall ein unscharfes Foto gewollt sein oder im anderen Fall eben leider danebengegangen sein. Im Zuge meiner langjährigen Auseinandersetzung mit Fotografie habe ich aber meist sehr spontan ein intuitives Gefühl, ob ein Foto für mich stimmt oder nicht.
Wie wissen Sie, welches spezielle Detail eines Gebäudes oder Raumes Sie ins Bild setzen möchten?

In diesem Fall kann ich mich recht gut auf meine Intuition verlassen. Mittlerweile betrete ich einen Raum und weiß relativ schnell, was meine Blicke sind. Man muss für Gebäude einfach ein Gefühl bekommen. Im nächsten Schritt entscheide ich dann in welcher Stimmung und mit welchen Lichtverhältnissen ich Bauwerke inszenieren möchte.
In vielen Bereichen der Fotografie bedient man sich auch bei Hilfsmitteln wie etwa Photoshop. Kommt das auch bei Gebäuden zum Einsatz?
Das hängt auch vom jeweiligen Zweck ab. Soll es eine Projekt-Dokumentation für ein Büro sein oder etwa ein Bild, welches künftig als Werbemittel eingesetzt werden soll. Oftmals ist es auch so, dass ich noch leer stehende Objekte fotografieren soll. Dann ist die Herausforderung den Raum möglichst clean und ungenutzt zu zeigen. Die Phase zwischen Fertigstellung und Bezug ist meist sehr knapp. Wenn dann irgendein Hindernis das Bild verstellt, muss man sich auch manchmal sich mit Photoshop behelfen.
Ihre Erstausstellung haben Sie der sozialistischen Baukunst von Vladimír Dedeček gewidmet. Wie kam es dazu?

Im Jahr 2005 habe ich mich mit den Architekten Benjamin Konrad und Maik Novotny auf die Suche nach Gebäuden begeben, die zu Zeiten des Kommunismus in der Slowakei errichtet wurden, mit dem Fokus auf Prestigebauten. Unsere Ergebnisse haben wir auf einer Webseite veröffentlicht und daraus entstand auch das Buch "Eastmodern", erschienen im Springer Verlag. Drei Jahre später hat mich die slowakische Nationalgalerie gefragt, ob ich Interesse hätte, für eine Monografie über Vladimír Dedeček, sein Werk zu fotografieren. Ich sagte zu und in der Zwischenzeit hat sich die Zusammenarbeit mit der Galerie Krobath in Wien ergeben. Daraus entstand die Idee aus diesem Repertoire eine Ausstellung zu gestalten.
Sie haben sich bei der Ausstellung vor allem auf die Details der neun Bauwerke konzentriert. Reicht ein Detail wirklich aus, um über ein Gebäude alles zu verraten oder um es zu repräsentieren?
Nein natürlich nicht. Ein einzelnes Detail kann neugierig machen oder Aufmerksamkeit auslösen. Um ein Gebäude ausreichend zu repräsentieren, bedarf es einer größeren Serie, also Bildsequenzen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Perspektiven, von Detail- über Gesamtansichten. Aber in diesem Fall geht es nicht darum, dass seine Gebäude erklärt werden. Ich habe die Ausstellung bewusst nach ihm benannt,weil ich finde, dass man anhand der Details seine Architektursprache erkennt. Die Schau ist eine Interpretation. Die ausgewählten Bilder ergeben Sequenzen, die nicht unbedingt zusammenhängen.
Was soll Architekturfotografie im Idealfall auslösen?
Einen spezifischen Blick auf Gebautes richten oder Aspekte der architektonischen Idee zeigen, oft auch unter Miteinbeziehung von Nutzung und Kontext. Im besten Fall ist selbst der Architekt überrascht im Sinne von "So habe ich das noch gar nicht gesehen".
Wenn Sie die Wahl hätten, historische oder neue Gebäude – was hat für Sie den größeren Anreiz?

Natürlich ist es immer interessant neue Strömungen in der Architektur zu verfolgen und das zu zeigen, was noch nicht abgebildet ist. Ein wichtiger Aspekt für mich ist, Architektur aufzustöbern, die noch unzureichend bekannt oder dokumentiert ist, wie das etwa noch immer in Fällen von moderner Architektur aus der sozialistischen Ära in osteuropäischen Ländern der Fall ist.
Noch dazu sind nicht wenige Bauten davon bedroht, abgerissen zu werden. Gerade auch diese zu dokumentieren, bevor es zu spät ist, finde ich einen wichtigen Auftrag.
Was benötigt man für den perfekten Schnappschuss eines Gebäudes?
Als Privatperson? Eine gute Handykamera und gutes Licht. Architekturfotografie per se ist natürlich nicht unbedingt das Gebiet für Schnappschüsse, weil man in den meisten Fällen mit Stativ arbeitet.
Welches Gebäude oder Projekt wollten Sie schon immer mit Ihrer Kamera einfangen?
Gerne hätte ich eine fotografische Dokumentation aller Räume und Details vom alten Bauernhaus in dem ich meine frühe Kindheit verbrachte, das aber längst nicht mehr existiert. In diesem Fall bleiben eben nur die gespeicherten Eindrücke und Erinnerungen – ist aber auch interessant, wie man Räume im Kopf gespeichert hat.
ZUR AUSSTELLUNG
Die erste Einzelausstellung der Fotografin Hertha Hurnaus in der Galerie Krobath ist dem Werk des slowakischen Architekten Vladimír Dedeček gewidmet, das zwischen 1960 und der Wende im Jahr 1989 entstand. Die Bilder sind eine Hommage an eine Epoche des Aufbruchs in der Architektur. Die Bildserie zu Dedečeks Gebäuden spielt mit der Abwesenheit von Menschen, obwohl auf den Bildern immer wieder Möbel zu sehen sind, die den Betrachter dazu verführen, sich die Benutzung der Räume vorzustellen.
Hertha Hurnaus, Dedeček Bis 22. 4. 2015 ist die Schau in der Wiener Galerie Krobath zu sehen. Eschenbachgasse 9, 1010 Wien, www.galeriekrobath.at
www.galeriekrobath.at
Hertha Hurnaus ist gebürtige Oberösterreicherin und lebt in Wien wo sie im Jahr 1987 die Meisterklasse an der Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt abgeschlossen hat. Sie zählt zu den wichtigsten Architekturfotografen des Landes und arbeitet für zahlreiche national und international tätige Architekten.
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