Zum Schreien: Menschliche Sprache entwickelte sich doch früher

Ein Pavian gähnt mit weit geöffnetem Maul an einem Felsen.
Wissenschaftler aus Frankreich analysierten die Geräusche von Guinea-Pavianen. Sie konnten diese den Vokalen von Menschen zuordnen.

Gesprochene Sprache hinterlässt keine Fossilien – deshalb ist es so schwierig, sie zu erforschen, schreiben französische Forscher in der Ausgabe des Fachjournals Plos One. Joël Fagot und sein Team von der Universität Aix-Marseille in Aix-en-Provence, Frankreich, haben es dennoch versucht. Und nun sogar herausgefunden, dass sich unsere Sprache vielleicht früher entwickelt hat als vor zirka 100.000 Jahren, wie häufig angenommen wird. Aber alles der Reihe nach.

Bisher hieß es, die Entwicklung der Sprache sei an die Lage des Kehlkopfs im Hals gekoppelt: Beim Menschen sitzt der Kehlkopf im Vergleich zu nicht menschlichen Primaten sehr tief. An dieser Theorie gibt es nun aber Zweifel.

Im südfranzösischen Primatenzentrum Rousset-sur-Arc nahm Fagots Team ein dreiviertel Jahr lang Laute von 15 Guinea-Pavianen (drei Männchen und zwölf Weibchen) auf. Die Forscher verglichen die Lautbildung und die jeweiligen Schallfrequenzen der Paviane mit Vokalen, die von zwölfjährigen Menschen gesprochen wurden. Denn bei ihnen ist der Vokaltrakt (der Teil des Sprechapparats oberhalb des Kehlkopfs, Anm.) etwa gleich lang wie bei den Pavianen.

Daher konnten die Wissenschaftler die einzelnen Pavianlaute menschlichen Vokalen zuordnen: die für Paviane typischen "Wa-ho"-Schreie ordneten sie dem menschlichen Ä und dem O zu, das Kläffen ebenfalls dem Ä, zwei Grunzlaute dem U und ein Grunzen einem besonderen I, wie es häufiger in slawischen Sprachen vorkommt. Der Vokal des Geplappers entspricht dem A und der weibliche Kopulationsruf dem O.

Selber Zungenmuskel

Die Biologen fanden bei den Pavianen auch zwei sogenannte Achsen der Lauterzeugung: Zunge vorne oder hinten, Zunge hoch oder tief. Diese Achsen gibt es auch beim Menschen. Bestätigt wurde diese Erkenntnis durch anatomische Untersuchungen an zwei Pavianen, die eines natürlichen Todes gestorben waren: Die Zunge der Paviane hat dieselben Muskeln wie die menschliche Zunge. Für die Forscher ein weiteres Indiz, dass die Sprache beim Menschen früher entstanden sein könnte.

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