Zu Gast im Verlag der ÖAW: "Nur Bücher drucken war gestern"

Verlagsleiter Thomas Jentzsch zeigt dem KURIER seine Schätze im  Keller.
Das Wissen, das mit öffentlichen Geldern produziert wurde, dem Steuerzahler wieder zur Verfügung zu stellen – das hat sich der Verlag der Akademie der Wissenschaften zu Ziel gesetzt.

Zehn Meter unter der Erde – mitten im alten akademischen Viertel des ersten Wiener Gemeindebezirks – lagert Wissen Made in Austria. Neues und Antiquarisches harrt hier in unzähligen Reihen im Tiefspeicher des Verlags der Akademie der Wissenschaften der Auslieferung.

Die Bandbreite der seit 50 Jahren publizierten Werke kann sich sehen lassen – von den Ministerratsprotokollen der Habsburgermonarchie über neueste Forschungen zu Ephesos und einer laientauglichen Reihe zur Migration bis zur Autobiografie von Nobelpreisträger Martin Karplus. „3.500 lieferbare Titel bis ins Jahr anno dazumal zurück“, präzisiert Thomas Jentzsch.

Wobei der Chef noch während er den KURIER anlässlich des 50. Geburtstages des Verlages in seinem Bücherkeller herumführt, klarstellt: „Nur Bücher drucken war gestern.“

Heute hat der Verlag Druckmaschine und Vertrieb längst in den digitalen Raum transformiert. „Seit 2000 erscheint jeder Titel digital – entweder im Open Access (also frei zum Gratisdownload) oder hinter einer Paywall.“ Geschäftsführer Jentzsch arbeitet auch daran, die alten Schätze des Verlags in die elektronische Welt zu bringen.

Digital in alle Welt

Mittlerweile umfasst das Portfolio neben Büchern und Zeitschriften auch CD-ROMs, Audio-CDs, eBooks, eJournale, Online-Publikationen bis hin zu verknüpften Datenbanken. Auch Tools für neue Formen der Informationsmodellierung werden entwickelt. Im Fokus: Die Forschungslandschaft in Österreich abzubilden.

Man könnte auch sagen: Das Wissen, das mit öffentlichen Geldern produziert wurde, dem Steuerzahler wieder zur Verfügung zu stellen. Ein wichtiges Ansinnen findet Geschäftsführer Jentzsch.

„Eines muss man ganz klar sagen: Titel, mit denen man richtig viel Geld verdienen kann, kommen nicht zu uns. Ich bin nicht der reiche Verleger, der mit einigen Bestsellern die Ladenhüter mitfinanzieren kann“, gesteht Jentzsch. Aber: Der Verlag der ÖAW trägt seit 50 Jahren „wesentlich zur Vermittlung von neuen Erkenntnissen 'Made in Austria' bei“, wie es ÖAW-Präsident Heinz Faßmann formuliert. Der Exportanteil der Bücher liegt bei 70 Prozent.

Zu Gast im Verlag der ÖAW: "Nur Bücher drucken war gestern"

Der ÖAW-Verlag ist bemüht, seinen Bestand in digitaler Form zugänglich zu machen.

„Wir bringen die Bücher in fast jeden Winkel der Welt“, ergänzt Verleger Jentzsch. Sogar Japan, China und Amerika seien interessiert. „Archäologie geht besonders gut, in Asien sind es Buddhismus sowie Hinduismus. Außerdem zieht alles, was mit den Habsburgern zu tun hat, natürlich ungemein. Wir haben auf allen Webseiten des Verlages eine Million Besucher pro Jahr.“

Fragt man den Verlagschef nach den „Hidden Champions“, springt er auf, geht zu einem Bücherstapel und packt ein großes schweres Werk: das sei „das schönste Buch der Welt“ und keine verlegerische Übertreibung. Das vom Germanisten und ehemaligen ÖAW-Präsidenten Werner Welzig 1999 herausgegebene „Wörterbuch der Redensarten“ zu Karl Kraus Zeitschrift „Die Fackel“ wurde von der deutschen Stiftung Buchkunst ausgezeichnet.

Jentzsch schwärmt „von der Papierauswahl, vom Layout und der Ausstattung – sehr teuer zu produzieren, der vermutete Absatz war gering. Mittlerweile hat das Buch aber unzählige Preise abgeräumt (unter anderem die Auszeichnung zum schönsten Buch der Welt) und ist vergriffen.

Wer jetzt Lust bekommen hat, seinen e-Bücherschrank mit Wissen Made in A aufzufüllen: Unter https://verlag.oeaw.ac.at gibt es zahlreiche Open-Access-Werke.

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