Forscherstreit um Himmelsscheibe von Nebra

Forscherstreit um Himmelsscheibe von Nebra
Nachdem zwei deutsche Prähistoriker im September das Alter der berühmtesten Metallscheibe der Welt angezweifelt hatten, gibt jetzt ein Forscherteam kontra.

Auch wenn das Wort heutzutage oft benutzt wird: Echte Sensationsfunde sind selten. Die Entdeckung der Himmelsscheibe von Nebra vor 21 Jahren gehört allerdings sicher in diese Kategorie.

Die älteste bekannte Darstellung des Kosmos, ein 2,1 kg schwerer, grün schimmernder Metall-Diskus, auf dem 32 Sterne prangen, belegt nicht weniger, als dass die angeblichen Hinterwäldler aus dem heutigen Mitteldeutschland nach Kalender lebten.

Mittlerweile ist die Scheibe, die wohl um 1900 vor Christus entstand, bis in ihre molekularen Untiefen gut erforscht. Das dachte man zumindest.

Bis im September zwei deutsche Prähistoriker behaupteten, die Himmelsscheibe sei zwar echt, aber 1.000 Jahre jünger als bisher angenommen. Ihrer Ansicht nach stammt sie aus der Eisenzeit, wäre also nur 2.800 Jahre alt.

Anderer Fundort?

Rupert Gebhard, Direktor der Archäologischen Staatssammlung München und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität, sowie Rüdiger Krause, Professor für Vor- und Frühgeschichte Europas an der Goethe-Universität Frankfurt/Main behaupteten in einem Aufsatz, dass der Hortfund keinen "geschlossenen Fund" darstelle, die Himmelsscheibe möglicherweise gar nicht vom ermittelten Fundort stamme und somit als Einzelfund ohne Kontext in die Eisenzeit (ca. 800 bis 50 v. Chr.) zu datieren sei.

Das wollte eine 13-köpfige Forschungsgruppe nicht ungeprüft stehen lassen: In der vom Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) herausgegebenen Fachzeitschrift Archaeologia Austriaca argumentieren die Studienautoren, dass Gebhard und Krause mit unvollständigen und teilweise falschen oder verfälschend wiedergegebenen Daten argumentieren.

Was sie entdeckt haben, erfahren Sie hier:

Forscherstreit um Himmelsscheibe von Nebra

Hortfund: Die Scheibe wurde mit Waffen und Schmuck vergraben

Um ganz sicher zu sein, haben die Forscher die Sedimente vom Fundort, Mittelberg bei Nebra, mit den Erdpartikel auf der Himmelsscheibe abgeglichen. Sie sind ident. Auch eine erhöhte Gold- und Kupferkonzentrationen im Sediment an der Fundstelle lasse sich durch die lange Lagerung der Himmelsscheibe erklären.

Um zu belegen, dass die Fundstücke – Himmelsscheibe und Beifunde – sehr wohl zusammengehören, haben die Forscher auch die metallurgischen Befunde nochmals überprüft:

Forscherstreit um Himmelsscheibe von Nebra

Analysiert und durchleuchtet: Die Himmelsscheibe von Nebra

Bereits 2003 hatte der österreichische Archäo-Metallurge Ernst Pernicka die Metalle analysiert und festgestellt, dass das Kupfererz aus der Region Mitterberg bei Bischofshofen kam. Fachleute waren nicht überrascht, lag doch eines der Zentren der Kupfergewinnung der Bronzezeit in den österreichischen Ostalpen.

Spurenelemente und Bleiisotopenverhältnisse zeigen außerdem, dass das Kupfer für den gesamten Fund aus derselben Lagerstätte stammt. Und dass die Produktion dort mit dem 9. Jahrhundert v. Chr. endete –  ein Jahrhundert vor dem Beginn der Eisenzeit.

Nichts dran

Nachdem auch noch organische Reste an einem der Schwerter in die Zeit um 1600 v. Chr. datiert wurden, argumentiert das Forscherteam, dass die These von Gebhard und Krause in sich zusammenfalle.

Es bestehe kein Zweifel daran, dass die Himmelsscheibe von Nebra längere Zeit in Gebrauch war, was sich aus mehreren Umgestaltungsphasen ableiten lässt. Am Ende der frühen Bronzezeit wurde sie dann aber mit den Beifunden dem Boden anvertraut.

Und zu Beginn der Eisenzeit war sie somit längst als Altmetall begraben.

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