Bestes Stück: Dieser Holzphallus könnte ein frühes Sexspielzeug sein

Bestes Stück: Dieser Holzphallus könnte ein frühes Sexspielzeug sein
Forscher finden in Nordengland ein Stück Holz, das verdächtig an einen Dildo erinnert. Nur eines von vielen Stücken, die zeigen, wie sinnlich das Altertum war.

Ein Schelm, der denkt, Archäologen wären 1992 verklemmter gewesen als heute. Damals hatten sie in den Überresten des Römerkastells Vindolanda in Nordengland ein geschnitztes Stück Eschenholz gefunden, das einem menschlichen Penis ähnelt. Keusch deuteten sie das Teil als Gerät zum Stopfen von Textilien.

Jetzt haben sich die beiden Archäologen Rob Collins von der Newcastle University und Rob Sands vom University College Dublin das gute antike Stück noch einmal genauer angeschaut. Im Fachblatt Antiquity interpretieren sie den 16 Zentimeter langen Fund nüchtern als „nicht miniaturhaften körperlosen geschnitzten Holzphallus“, an dessen Spitze eine Eichel herausgeschnitzt worden sei.

Bestes Stück: Dieser Holzphallus könnte ein frühes Sexspielzeug sein

Sexspielzeug oder doch ein Stößel  zum Anrühren von Kosmetik und Medizin?

Wer jetzt meint, das Sexspielzeug sei ein einmaliger Fund, irrt: Bereits in der Altsteinzeit haben die Menschen wohl Sexspielzeug angefertigt.

Zumindest spricht ein Fund in einer Höhle in Süddeutschland aus dem Jahr 2005 dafür. Der längliche, anthrazitfarbene Phallus aus Stein ist 28.000 Jahre alt, 19 cm lang, 2,8 cm dick, 287 Gramm schwer und könnte sowohl als Dildo, als auch als Schlagwerkzeug verwendet worden sein, interpretierte das Team von der Universität Tübingen.

Bestes Stück: Dieser Holzphallus könnte ein frühes Sexspielzeug sein

Dildo oder Schlagwerkzeug? Jedenfalls 28.000 Jahre alt

In der Antike war der menschliche Penis dann allgegenwärtig. Mosaiken, Wandmalereien, Reliefs, Schalen: Mythische Helden wurden im Normalfall nackt abgebildet. Ebenso beliebt waren Alltagsgegenstände in Phallusform – Lampen, Gefäße, Schmuck. Hintergrund der erotischen Fixiertheit: ein erigierter Penis sollte allerlei böse Kräfte abwehren, glaubten die Menschen der Antike.

In der Komödie „Lysistrata“ des Dichters Aristophanes aus dem Jahr 411 v. Chr. findet sich die erste bekannte Erwähnung eines Sexartikels. „Seit die Milensier unsere Feinde sind, habe ich nicht einen einzigen achtzölligen Dildo zu Gesicht bekommen, der uns Frauen ein lederner Trost sein könnte“, empört sich die Hauptfigur Lysistrata da.

Im alten Rom war Sex dann an jeder Ecke erhältlich, belegen die zahlreichen einschlägigen Graffiti und Zeichnungen, die sich in Pompeji unter Vulkanasche erhalten haben. Wer heute die antike Metropole nahe Neapel besucht, muss nur nach der größten Besuchertraube gleich vor der Casa degli Amorini dorati Ausschau halten. Denn nichts interessiert auch im 21. Jahrhundert offensichtlich so sehr wie die zahlreichen Fresken von subtilster Raffinesse.

Bestes Stück: Dieser Holzphallus könnte ein frühes Sexspielzeug sein

Im 18. Jahrhundert verschwanden die erotischen Fundstücke aus Pompeji in einem Geheimdepot. Heute sind sie d e r Publikumsrenner

Ab ins Geheimdepot

Das Spektrum der Sex-Fresken von Pompeji reicht von schlüpfrigen Kunstwerken in Privathäusern bis zu Werbeslogans für Prostituierte mit eindeutigen Darstellungen im öffentlichen Raum. Mitte des 18. Jahrhunderts, als die Ausgrabungen dort begannen, war Karl III. von Bourbon, der damals über Neapel herrschte, derart entsetzt über die erotischen Fundstücke, dass er sie in einem Geheimdepot verschwinden ließ.

Im Mittelalter wurde der Gebrauch von Dildos dann sanktioniert. Der deutsche Bischof Burchard von Worms verhängte im 11. Jahrhundert dafür fünf Jahre fasten an festgesetzten Tagen. Trotzdem ist überliefert, dass auch Nonnenklöster zu den Abnehmern von Holz-Dildos gehörten. Vertrieben hat sie etwa die Bordellbetreiberin Madame Gourdan in Paris, die 1783 sogar einen Dildo-Versand aufgezogen haben dürfte.

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Sexspielzeug war wohl zu allen Zeiten beliebt, egal ob im 17. Jahrhundert oder in der Antike  

Aber vielleicht liegen all die Deutungen auch völlig daneben. In Fall des Holzphallus aus Vindolanda will das Archäologen-Duo Collins und Sands andere Funktionen nicht ausschließen: Vielleicht war das geschnitzte Stück Holz kein Sexspielzeug, sondern ein Stößel zum Anrühren von kosmetischen oder medizinischen Stoffen. Was zugegebenermaßen aber viel weniger interessant wäre.

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