Studie: Muttersein erhöht Risiko für Depressionen deutlich

Eine müde, besorgte Mutter wiegt ein schlafendes Baby.
Eine neue Studie aus Österreich zeigt, dass Mütter ein deutlich höheres Risiko für Depressionen haben als Väter.

Die Geburt eines Kindes verändert alles – auch die seelische Gesundheit – vor allem von Müttern, wie eine Studie von Martin Halla, Professor an der WU Wien, und Kollegen aus Dänemark zeigt. Sie haben umfassende Verwaltungsdaten aus Österreich und Dänemark ausgewertet. Das Fazit: „Neun Jahre nach der Geburt des ersten Kindes steigt in Österreich die Wahrscheinlichkeit einer Verschreibung von Antidepressiva bei Müttern um 5,0 %, bei Vätern nur um 2,1 % – das entspricht einer zusätzlichen Strafe von 2,9 % bzw. 93 % mehr“, erklärt Halla. 

Psychische Belastung durch soziale Erwartungen

Mit Strafe ist die „Parenthood penalty“, zu deutsch die „Elternschaftsstrafe“ gemeint. Ursprünglich beschränkte sich die Bedeutung dessen auf die Einkommenseinbußen von Müttern nach der Geburt, dem sogenannten „Gender Pay Gap“. Halla und Kollegen haben die Strafe um den Punkt der mentalen Gesundheit erweitert. In Dänemark, wo es deutlich kürzere Karenzzeiten und ein breitgefächertes Kinderbetreuungsprogramm gibt, falle jene Elternschaftsstrafe demnach geringer aus, bleibe aber signifikant: 1,9 % mehr für Mütter. Biologische Faktoren spielen dabei keine Rolle. „Selbst Adoptivmütter, die nie geboren haben, weisen ein ähnliches Risiko auf. Das spricht klar dafür, dass die psychischen Belastungen aus den sozialen Rollen und Erwartungen rund um Mutterschaft entstehen“, betont Halla.

Mütter profitieren von kürzeren Karenzzeiten

Problematisch sei vor allem die Verteilung der Kinderbetreuung. „Besonders relevant ist die Länge der Karenz: Unsere Analysen zeigen, dass längere Karenzzeiten die psychische Gesundheit der Mütter im Schnitt verschlechtern, weil sie die Betreuungsverantwortung noch stärker exklusiv bei den Frauen verankern.“ Kürzere Karenzzeiten sind also im Schnitt besser für die mentale Gesundheit von Müttern.

Martin Halla vor weißem Hintergrund.

Martin Halla ist Mikroökonom mit Forschungsschwerpunkten in den Bereichen Familie, Arbeit und Gesundheit und Professor für Volkswirtschaftslehre an der WU Wien. 

Familienpolitik geht weit über Geldfragen hinaus

Ergebnisse, die auch als Signal an die Politik gedeutet werden können. Denn Familienpolitik darf nicht nur auf Einkommen und Erwerbstätigkeit schauen, sondern muss auch die psychische Gesundheit der Betroffenen im Blick haben. Sinnvoll wären daher Modelle, die Karenz-Anreize für beide Elternteile setzen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten großflächig ausbauen. Denn dies sei nicht allein ein frauenpolitisches Thema, betont Halla: „Im Kern geht es um Bildungspolitik für Kinder. Gerade jene, die am meisten von früher Förderung profitieren würden, besuchen den Kindergarten oft nicht. Elementarpädagogik darf nicht als bloße Betreuung verstanden werden, sondern als Recht auf frühkindliche Bildung.“

Eine Frau mit Brille arbeitet an einem Computer mit Diagrammen.

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