Sag’s multi: Wie ein Redewettbewerb in Österreich Mehrsprachigkeit fördert

46-220201093
Sag’s multi. Der Wettbewerb macht Mehrsprachigkeit sichtbar und wird von einem Forschungsprojekt der Universität Wien begleitet.

Das was mich am meisten an Sag’s multi fasziniert hat, ist die Tatsache, die Chance zu haben, vor Menschen zu stehen und mit ihnen meine Gedanken teilen zu dürfen“, sagte Elif Duygu einst bei ihrem großen Auftritt von Sag’s multi. Heute ist sie Poetry Slammerin.

Selbstbild stärken

Der mehrsprachige Redewettbewerb Sag’s multi fördert Mehrsprachigkeit seit 2009 und wird seit 2020 vom ORF veranstaltet, der auch zentraler Projektpartner ist. Sag’s multi bietet Jugendlichen eine Bühne, auf der sie ihre Kompetenzen auf Deutsch und in einer weiteren Sprache (bislang über 90 Sprachen) unter Beweis stellen und ihre Meinungen und Erfahrungen äußern können.

Seit Herbst 2024 wird der Wettbewerb auch von einem Forschungsprojekt der Universität Wien begleitet, das untersucht, inwiefern Sag’s multi selbstermächtigend wirkt, das (sprachliche) Selbstbild der Jugendlichen stärkt und für sie eine positive Erfahrung ihrer Mehrsprachigkeit darstellt. „Ziel der Forschung ist unter anderem herauszufinden, wie Mehrsprachigkeit in den Schulen besser gefördert werden kann“, sagt Projektleiter Assoz. Prof. Hannes Schweiger von der Universität Wien.

46-220201319

Die Rede ist immer in zwei Sprachen. 

Viele Sprachen, die Kinder in Österreich sprechen, werden kaum in Schulen gefördert. Schweiger: „Das Schulsystem in Österreich ist stark geprägt von einer Sprachenhierarchie und zeigt, dass Sprachen ein unterschiedliches Prestige haben. So genießt etwa Französisch mehr Ansehen als Türkisch.“ Alle ihre Sprachen sind aber Teil der Identität und des Selbstbildes der Kinder. „Wird die Mehrsprachigkeit gesehen und geschätzt, bestärkt das die Kinder und ihre Identität sowie ihre Zugehörigkeit in der Gesellschaft“, sagt Schweiger.

Zu wenig gesehen

Das Besondere an dem Forschungsprojekt ist die Teilnahme von Schüler*innen. „Es war von Anfang an angedacht, dass wir nicht nur über Schüler*innen forschen, sondern auch mit ihnen“, so der Germanist. Dazu wurden die Teilnehmer*innen von Sag’s multi zu ihren Erfahrungen beim Redewettbewerb und auch ihrer Mehrsprachigkeit in den Schulen interviewt – von Schüler*innen der Partnerschulen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Erfahrungen, die Jugendliche gemacht haben, sehr unterschiedlich sind und es meist von einzelnen Lehrpersonen und Familienmitgliedern abhängt, ob ihre Mehrsprachigkeit gesehen und gefördert wird. „Wir sehen auch, dass im Schulsystem noch zu wenig passiert“, sagt Schweiger. Außerdem zeige die bisherige Auswertung, dass der Wettbewerb die Jugendlichen in ihrer Mehrsprachigkeit und Identität sehr bestärkt und sich die Sicht auf ihre Sprachen zum Positiven geändert hätte. Wodurch sich für Jugendliche auch neue Chancen ergeben würden.

Claudia Winter

Eine Frau mit Brille arbeitet an einem Computer mit Diagrammen.

Kommentare