Mechanismen hinter widersprüchlichen Überzeugungen verstehen
Warum glauben wir das, was wir glauben? Warum handeln wir danach und warum handeln wir manchmal gegen das, was wir glauben? Ein Beispiel dazu: Eine Person weiß um die Herausforderungen des Klimawandels Bescheid. Sie ist davon überzeugt, mit ihrem Verhalten gegen den Klimawandel etwas unternehmen zu können. Aus dem Grund hat diese Person kein Auto und fährt im Alltag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Trotzdem fliegt sie im Jänner mit dem Flugzeug auf Geschäftsreise nach München, statt den Zug zu nehmen, obwohl sie genau weiß, dass diese Entscheidung für das Klima viel schlechter ist. Warum handelt sie also inkohärent zu ihrem Glaubenssystem?
Interdisziplinär
Ein neuer Sonderforschungsbereich unter der Leitung der Central European University (CEU) geht genau diesen Fragen nach: Warum tolerieren kohärente Glaubenssysteme Inkohärenz? Das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt vereint ein interdisziplinäres Netzwerk von Forscher*innen aus zwei CEU-Abteilungen und Forscher*innen von der Wirtschaftsuniversität Wien. Das Projekt wird sich mit den Prozessen der Glaubensbildung, dem Scheitern der Glaubensaktualisierung und ihren weitreichenden gesellschaftlichen Auswirkungen befassen.
Politische Prozesse
Die Forschung vereint Expertise aus Psychologie, Kognitionswissenschaft, Linguistik und Wirtschaftswissenschaften und integriert formale Modelle mit emotionalen, kognitiven und sozialen Dimensionen, um ein um-fassendes Rahmenwerk zum Verständnis der Dynamik von Überzeugungen zu entwickeln.
Das Team untersucht, wie tief verwurzelte, identitätsbezogene Kernüberzeugungen mit durch Erfahrung und Vernunft geprägten, abgeleiteten Überzeugungen interagieren. „Zu verstehen, warum Menschen widersprüchliche Überzeugungen vertreten und warum manche Überzeugungen trotz widersprüchlicher Beweise fortbestehen, ist entscheidend für die Bewältigung von Herausforderungen wie Desinformation, politischer Polarisierung und dem Verlust sozialen Vertrauens“, so die Projektkoordinatorin und Professorin Agnes Melinda Kovacs. „Diese Forschung wird Erkenntnisse liefern, die Strategien in Politik, Bildung und Kommunikation beeinflussen können.“
Claudia Winter
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