Aneuploidie im Fokus eines Wiener Forschungsteams

Das Down-Syndrom, auch bekannt als Trisomie 21, ist eine angeborene genetische Störung, die durch ein zusätzliches Exemplar des Chromosoms 21 verursacht wird. Zellforschende sprechen in dem Zusammenhang auch von Aneuploidie. Aneuploidie ist nichts weiter als ein Fehler bei der Zellteilung. So kann z. B. ein Chromosom zu viel oder eines zu wenig vorhanden sein. Denn manchmal kommt es vor, dass Chromosomen bei der Zellteilung ungleichmäßig zwischen den Tochterzellen aufgeteilt werden. Die Aneuploidie ist für die Zelle schädlich oder sogar tödlich. Während der Entwicklung eines Menschen können Fehlgeburten oder genetische Störungen die Folge sein.
90 Prozent
Vor allem in der Meiose, also bei der Zellteilung in der Eizelle des heranwachsenden Embryos, kommt es häufiger zur einer Aneuploidie als später im Erwachsenenalter. „Wir sehen uns im Labor unter anderem genau an, wie Aneuploidie die Meiose beeinflussen kann“, sagt Christopher Campbell von der Universität Wien, der an den Max Perutz Labs eine Forschungsgruppe leitet und 2016 für sein Projekt mit dem hoch dotierten österreichischen START-Preis ausgezeichnet wurde.
Aber auch in der Krebsforschung ist ein besseres Verständnis dieses häufigen Fehlers bei der Zellteilung wichtig: „Knapp 90 Prozent aller soliden Tumore weisen eine Aneuploidie auf. Diese haben bei der Zellteilung Chromosomen dazugewonnen oder verloren. Im Moment ist aber noch nicht klar, wie Krebszellen den ,Autokorrekturmodus’ der Zelle umgehen und trotz Aneuploidie überleben und sogar wachsen können“, so Campbell.
Tumorentwicklung
Der Experte und sein Team forschen mit menschlichen Zellkulturen, aber auch mit Bäckerhefe. Sie untersuchen, was Aneuploidie mit der Zelle macht und welche Gene an der Zelle die jeweiligen Effekte verursachen. „Wir wollen ganz genau wissen, wie Aneuploidie Zellen und deren Verhalten verändern, welche Gene daran beteiligt sind und wie das mit der Tumorentwicklung zusammenhängt“, sagt Campbell. Der Effekt ist dabei nicht nur in ein oder zwei Genen nachweisbar, sondern in hunderten. Darum ist das Forschungsgebiet auch sehr komplex. „Zum Beispiel könnten Krebsarten mit hohen Chromosomen-Fehlverteilungen auch auf eine temporäre Aneuploidie setzen, um weiter zu wachsen“, sagt der Experte, der mit seiner Forschung ein wichtiges Puzzlestück liefert: „Wenn wir die Prozesse der Zellteilung besser verstehen, können wir sie auch gezielter beeinflussen und effektivere Therapieansätze – etwa auch gegen Krebs – entwickeln“, ist Campbell überzeugt.

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