Wie viel soll man über Krebs reden?
Nur knapp ein Drittel der Informationen eines Diagnosegesprächs dringt zu Krebspatienten durch, der Rest geht in dieser Schocksituation unter. Darauf machten Freitagvormittag Experten bei einer Pressekonferenz anlässlich einer Tagung in Wien ("Onkologische Wintergespräche") aufmerksam.
20.000 Diagnose-Gespräche
Ein Onkologe übermittel in seinem Berufsleben zirka 20.000 Mal die Diagnose Krebs. "Von der Qualität des Arzt-Patienten-Gesprächs und dem menschlichen Verhältnis zwischen dem Patienten und seinen Pflegepersonen hängt zu einem guten Teil der Erfolg der Behandlung ab", sagt der Onkologe Univ.-Prof. Hellmut Samonigg, designierter Rektor der MedUni Graz und Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin am Klinikum Graz. "Eine Krebserkrankung ist nicht nur mit körperlichen Problemen, sondern auch mit einer massiven Verunsicherung, mit existenziellen Ängsten und großen Sorgen verbunden - und gerade das sind die Belastungen, die eine offene Kommunikation erschweren."
Schlüsselrolle
Aber gerade in den vergangenen 15 Jahren habe sich die onkologische Kommunikation stark weiterentwickelt. Reden über Krebs nehme heute eine Schlüsselrolle ein und trage dazu bei, das möglichst viele Krebspatientnen in dieser neuen Situation optimal beraten und betreut werden.
Angehörige schonen?
Ein großes Thema sei immer auch die Frage, wie weit man in der Familie über die Erkrankung spreche, sagt Elisabeth Andritsch, Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin der Klinischen Abteilung für Onkologie in Graz. "Dass man die Nächsten, die man liebt, schonen möchte, ist verständlich. Wenn aber weder über die Krankheit noch über die damit verbundenen Ängste und Anstrengungen gesprochhen wird, besteht die Gefahr einer emotionalen Distanz, die auf Dauer innerhalb der Familie zu Missverständnissen und Spannungen führen kann." Dennoch sollte man immer sorgfältig abwägen, in welchem Umfang man sein Umfeld an dieser Situation teilhaben lässt.
Die Onkologischen Wintergespräche werden jedes Jahr von der Firma Novartis organisiert.
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