Der tierische Altruismus bezieht die physische und psychische Fürsorge für die Verwandtschaft ebenso ein wie einseitiges Teilen, uneigennützige Wissensvermittlung oder Kooperation mehr oder weniger ohne Gegenleistung.
Nicht nur Nutztiere handeln prosozial, auch manche Wildtiere tun das
„Löwenbrüder bleiben oft ihr ganzes Leben zusammen“, lenkt Peter Sziemer, freiberufliche Biologe in Wien, den Fokus weg vom Nutztier Ziege hin ins Reich der wilden Spezies. Die Raubkatzen unterstützen einander, wenn es darum geht, ein Alphamännchen zu entmachten oder ein Weibchenrudel zu übernehmen. Seite an Seite haben sie bessere Chancen auf Erfolg.
Auch bei Wölfen macht sich der Familienzusammenhalt bezahlt – ohne unmittelbaren Nutzen für das einzelne Individuum. Geschwister helfen Eltern bei der Aufzucht des jüngeren Nachwuchses. Kommen mehr Welpen durch, überleben mehr Gene des eigenen Stammbaums.
Vampirfledermäuse retten Artgenossen vor dem Verhungern
„Gemeine Vampire sind die einzigen Säuger, die Gruppenmitglieder ohne sexuellen Kontakt füttern“, liefert der Biologe ein Beispiel für passives Teilen. Bleibt eine Fledermaus bei der Jagd erfolglos, bekommt sie halb verdautes Blut in den Mund gespuckt und wird so vor dem Hungertod gerettet.
Auch junge Dohlen üben sich im Weitergeben von Nahrung. Lösen sich die Rabenvögel aus der elterlichen Obhut, knüpfen sie durch Großzügigkeit neue soziale Bande und lernen damit für die Zukunft.
Gerade bei der Verpflegung wird häufig altruistisch gehandelt. So verschaffen etwa Schimpansen – wie die Ziegen – ihren Artgenossen trotz großer Anstrengung Zugang zu Futter. Die Primaten selbst verzichteten auf jeden Benefit.
Zebras befreien andere Zebras ohne Gegenleistung von Parasiten
„Zebras unterstützen einander bei der Fellpflege. Sie entfernen Parasiten dort, wo das andere Tier mit dem Kopf nicht hinkommt“, zählt Sziemer eine weitere prosoziale Interaktion auf. Bei Pavianen ist das Lausen dagegen über die Rangordnung definiert.
Wanderratten erkennen übrigens Nager, die sich zuvor als hilfsbereit erwiesen hatten, auch später am Geruch. Der Wille, ihnen Gutes zu tun, ist größer als bei Tieren mit fremdem Duft.
„Immer wieder tauchen merkwürdige Beobachtungen auf, wie z. B. von einem Nilpferd, das eine Antilope gegen Krokodile verteidigte. Oder von einer Löwin, die ein Antilopenbaby adoptierte“, kennt Sziemer artübergreifenden Beistand ohne Hintergedanken.
Über den Einzelfall hinaus gehen seit der Antike Berichte, denen zufolge Delfine Menschen vor dem Ertrinken bewahrten. 2008 lotste ein Delfinweibchen zwei vor Neuseeland gestrandete Wale ins offene Meer.
Studie über Ziegen ist Meilenstein in der Nutztierforschung
„Bei Säugetieren, Vögeln und sozialen Insekten wie Bienen und Ameisen ist Hilfsbereitschaft mittlerweile gut untersucht“, schließt Sziemer.
Mit der aktuellen Studie über die Ziegen ist nun ein Meilenstein für die Erforschung prosozialen Verhaltens bei Nutztieren gelegt. Veterinärmediziner Jean-Loup Rault hält fest: „Maßgeschneiderte Testdesigns wie unser Fake Apple Tree können entscheidend sein, um soziale Motivationen bei Spezies zuverlässig zu erfassen.“ Ungeahnte Erkenntnisse für eine artgerechte Haltung inklusive.
Kommentare