Trisomie-21-Bluttest kommt bald

Trisomie-21-Bluttest kommt bald
Ein Wiener Institut wird Frauen den Test bereits in den kommenden Wochen anbieten –, aber nur in speziellen Fällen.

In zwei bis drei Wochen wird der Bluttest, mit dem ein Downsyndrom (Trisomie 21) festgestellt werden kann, in Österreich verfügbar sein – der KURIER berichtete. Univ.-Prof. Peter Husslein, Vorstand der Klinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien/AKH Wien bestätigte auf Ö3, dass ein entsprechender Vertrag zwischen dem von ihm mitgeleiteten Zentrum für Fetalmedizin und gynäkologischen Ultraschall (FetoMed) und dem deutschen Testanbieter Lifecodexx abgeschlossen wurde. „In Österreich sind wir wahrscheinlich die Ersten.“ Bei Lifecodexx heißt es, dass man derzeit auch mit anderen Instituten und Ärzten „vor Vertragsabschluss “ stehe.

In welchen Fällen wird der neue Test verwendet?
„Wir werden den Test nur einsetzen, wenn das sogenannte ,First Trimester Screening‘ ein unklares Ergebnis liefert“, sagt Husslein: Dabei wird zwischen der 11. und 14. Woche eine spezielle Ultraschalluntersuchung durchgeführt (u. a. zur Messung der Transparenz der Nackenhaut) – die nichts mit dem Basisultraschall im Mutter-Kind-Pass zu tun hat. Darüber hinaus kann die Konzentration von zwei Hormonen im Blut gemessen werden. Aus diesen Daten wird die Wahrscheinlichkeit für ein Downsyndrom berechnet. In fünf bis zehn Prozent der Fälle ist das Ergebnis aber nicht eindeutig: In solchen Fällen wird derzeit mittels einer Nadel durch die Bauchdecke eine Fruchtwasserpunktion durchgeführt. „Künftig können wir vor einer Punktion diesen Bluttest anbieten.“

Was passiert danach?
Der Test ist sehr zuverlässig, sagt Husslein. Zeigt er kein Downsyndrom-Risiko an, wird auf eine Punktion verzichtet: „Damit kann dieser Test auch Leben retten“, betont der Genetiker Univ.-Prof. Markus Hengstschläger. Denn 0,5 bis ein Prozent der Punktionen führen zu einer Fehlgeburt: „Ich bin ein Befürworter dieses Bluttests, weil er das Risiko solcher Fehlgeburten senken wird.“ – „Dieser Test wird nicht zu mehr Abtreibungen, sondern zu weniger Punktionen führen“, sagt Husslein. Nur dann, wenn der Bluttest ebenfalls ein erhöhtes Downsyndrom-Risiko anzeigt, wird noch eine Punktion durchgeführt.

Was wird der Test kosten?
Rund 1300 Euro. „Deshalb wird man als ersten Schritt auch die wesentlich kostengünstigere Ultraschalluntersuchung durchführen“, sagt Husslein. Grundsätzlich wäre es aber sinnvoll, den Test allen Frauen anzubieten. Hengstschläger betont, dass vor jeder genetischen Untersuchung aber eine genetische Beratung durchgeführt werden müsse. Im Gesundheitsministerium heißt es, dass laut Gentechnikgesetz eine derartige genetische Untersuchung nur dann durchgeführt werden dürfe, wenn es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko gebe – was Husslein allerdings verneint.

Wird der Test öffentlich gezahlt werden?
Im Wiener AKH soll der Test jenen Frauen, deren Ergebnis beim First Trimester Screening nicht eindeutig war, gezahlt werden. „Schließlich werden damit ja für das Kind gefährliche Eingriffe reduziert“, sagt Husslein. „Bei bestimmten Indikationen müssten deshalb generell die Krankenkassen bzw. die öffentliche Hand die Kosten übernehmen“, sagt auch Hengstschläger.

Was sagen Kritiker?
„Dieser Test setzt Eltern unter Druck“, sagt Martina Kronthaler von der Aktion Leben Österreich. Sie fordere deshalb einen verpflichtenden Hinweis der Eltern auf spezialisierte Beratungsstellen.

Downsyndrom-Verein: „Jedes Kind bringt ein Risiko“

Die Möglichkeit, Downsyndrom mittels einfachen Bluttests festzustellen, sorgt unter Betroffenen für Unbehagen. Monika Hallbauer vom Verein Downsyndrom Österreich will jedoch kein Schwarz-Weiß-Denken. Sie verfolgt – ähnlich wie andere europäischen Downsyndrom-Netzwerke – einen pragmatischen Zugang.

„Es geht uns nicht darum, den Test zu bekämpfen. Wir sehen unsere Aufgabe im Moment vor allem in Aufklärung und Information. Denn ein lebenswertes, erfülltes Leben ist auch mit Downsyndrom möglich.“ Menschen mit Downsyndrom haben in ihren Zellen 47 statt 46 Chromosomen. Das 21. Chromosom ist dreifach vorhanden. Das kann sich ganz unterschiedlich auswirken. Manche Menschen brauchen lebenslang ein gewisses Maß an Betreuung, andere führen ihren Alltag nahezu eigenständig.

Hallbauer fürchtet allerdings auch, dass durch immer leichter durchführbare Tests der Druck auf schwangere Frauen steigt. „ Es muss auch das Recht verankert werden, etwas nicht wissen zu wollen.“ Jedes Kind bringe schließlich ein gewisses Risiko mit sich.

Eine kanadische Studie im Fachmagazin Pediatrics zeigt zudem, dass schlechte medizinische Prognosen bei Chromosomenschädigungen (Downsyndrom, Trisomie 13 und 18) kein Hindernis für Familienglück sind. 97 Prozent der 332 Elternteile bezeichneten sich selbst und ihr Kind als glücklich. Ebenso werde das Leben der gesamten Familie durch ein Kind mit besonderen Bedürfnissen – und sogar die Partnerschaft – bereichert.

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