Ameise bis Schimpanse: So unterschiedlich verstehen Tiere den Tod

Ein Schimpansenbaby liegt auf dem Bauch der Mutter.
Im „Das Schweigen der Schimpansen“ geht die Philosophin Susana Monsó den Fragen nach, ob bzw. welche Tiere das Lebensende begreifen.

Ameisen tragen ihre toten Artgenossen zu Grabe. Sie versuchen mit dem Ritual jedoch nicht, den Verlust zu bewältigen, vielmehr reagieren sie stereotyp auf den Leichengeruch, um sich vor Krankheiten zu schützen. 

Schimpansen dagegen verhalten sich in Anbetracht verstorbener Familienmitglieder höchst unterschiedlich. Die Adoptivmutter putzt dem leblosen Sohn die Zähne, eine Verwandte hält Totenwache, andere schweigen bedächtig, manche schreien. 

Von einem Orca-Weibchen wiederum ist überliefert, dass es sein totes Kalb 1.600 km huckepack durch die Meere trug, ehe es das Baby untergehen ließ.

Autorin liefert Beispiele - von Affen über Hunde bis zum Frosch

Tiere mit Köpfchen können ein „Konzept vom Tod“ entwickeln, analysiert die spanische Philosophin Susana Monsó in ihrem Buch "Das Schweigen der Schimpansen" (Insel Verlag, 254 Seiten, 28,80 €). Entsprechend dem Untertitel leitet die Ethikerin her, "Wie Tiere den Tod verstehen". 

Für Laien verständlich warnt sie genauso vor einer Vermenschlichung der meist anekdotischen Fallbeispiele wie vor einem allzu nüchternen Blick auf z.B. Elefanten, die der sterbenden Kuh auf die Beine helfen wollen, oder vor voreiligen Schlüssen, wenn der Hund sein totes Herrl anknabbert; Kannibalismus könnte ein Zeichen inniger Liebe oder purer Verzweiflung sein. 

Vergleichende Thanatologie ist eine junge Wissenschaft

Dabei steht die vergleichende Thanatologie (die Wissenschaft von Tod, Sterben und Bestattung) als Schnittstelle zwischen Verhaltensforschung und Psychologie erst am Anfang.

Kognition, Erfahrung und Emotion müssen zwingend vorliegen, damit ein Tier ein Konzept vom Tod entwickeln kann“, beschreibt Monsó die „Heilige Dreifaltigkeit“ in Kapitel 6 "Der Elefant, der Elfenbein sammelte". 

Die Dickhäuter erfüllen diese Voraussetzungen: Sie sind mit gutem Gedächtnis ausgestattet, kommen in den bis zu 75 Lebensjahren oft mit dem Tod in Berührung und fühlen sich – u.a. aufgrund der langen Trächtigkeit – besonders innig verbunden.

Vor allem Raubtiere verstehen, dass der Körper stirbt

Von Dingos, die ihre toten Jungtiere auf eine andere Weise tragen als den lebenden Nachwuchs, über Löwen, die in Tötungsabsicht mit Rivalen kämpfen, bis zum Frosch, der sich zum Schutz vor Fressfeinden authentisch leblos stellt, nähert sich Monsó mit zahlreichen Beispielen dem tierischen Verständnis von Sterblichkeit.

Vor allem Prädatoren, darunter dem Menschen, räumt sie ein Konzept vom Tod ein. Vielleicht macht sich das Virginia-Opossum keine Vorstellungen vom Tod, wenn es an Leib und Leben bedroht mit blauer Zunge, dem Ausscheiden von Körpersäften und Starre alle Register zieht, um Fressfeinde zu täuschen. Doch die Räuber fallen auf das vererbte Verhalten der Beutelratte herein.

Mensch hat einzigarten Umgang mit dem Tod

Vor einem ausführlichen Literaturverzeichnis schließt Susana Monsó: „Weder der Gebrauch von Werkzeugen noch Kultur, Moral oder Rationalität sind allein dem Menschen eigen. Auch nicht das Konzept vom Tod. ... Wir sind nur ein weiteres Tier.“

Kommentare