Stevia: Süße Versuchung ohne Reue

Ein zuckerfreies Leben, ohne Verzicht auf Süßigkeiten - geht das? Ab 2. Dezember ist der natürliche Süßstoff
Stevia, offiziell Steviolglycoside, auch in Österreich zugelassen. In Japan schon seit den 70er-Jahren in Verwendung, musste der Süßstoff hierzulande einen langwierigen Prozess durchlaufen, bis die EU-Kommission zugestimmt hat.
"Der Einsatz kommt nun für alle Produktgruppen von Süßwaren über Milcherzeugnisse bis hin zu Snacks in Frage. Doch eine Gruppe sticht besonders hervor - Limonaden und Energy Drinks", erklärt Bernhard Kuhn, Fachexperte für Lebensmittelzusatzstoffe bei der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Er rechnet damit, dass Stevia künftig in etlichen Getränken zum Einsatz kommen wird.
"Allerdings wird wohl nicht der gesamte Zucker durch Stevioglycoside ersetzt, weil dadurch die maximal zugelassene Tagesmenge (von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, Anm.) überschritten werden könnte. Ein Gesamtersatz wird aufgrund dieser Begrenzung nur bei schwach gesüßten Getränken möglich sein." Kuhn vermutet daher, dass Stevia künftig eher mit anderen Süßstoffen wie Saccharin oder Aspartam kombiniert wird.
Keine Zucker-Konkurrenz
Und im Haushalt? Immerhin wird Stevia auch als Tafelsüße zugelassen - in Form von Pulver, Tabletten und auch flüssig. "Zucker hat neben seiner Süße jedoch auch andere Funktionen - etwa beim Backen. Mit Stevia erreicht man nicht dasselbe Ergebnis", erklärt
Kuhn. Es ist zwar hitzebeständig, bringt aber keinen Körper und kein Volumen. Auch als Gelierzucker ist der Süßstoff nicht geeignet.
Außerdem ist der bittere, leicht lakritzartige Nebengeschmack nicht jedermanns Sache. Die Nuancen verändern sich auch abhängig von der Kombination. Stevia schmeckt im Joghurt anders als in einem Softdrink oder im Tee.
Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass der Zuckerkonzern AGRANA in Stevia keine Konkurrenz befürchtet: "Wir sehen darin eine sinnvolle Alternative zu künstlichen Süßstoffen." Die Tochterfirma "Instantina" produziert neben künstlichen Süßstoffen ohnehin schon seit Jahren auch Stevia-Tabletten für die Schweiz und Australien. "Wir arbeiten daran, künftig auch den EU-Markt zu beliefern. "
Abnehmen
Bleibt noch die Frage offen, ob Stevia denn auch zum Abnehmen geeignet ist? "Natürlich trägt es dazu bei, die tägliche Kalorienaufnahme zu reduzieren" erklärt Kuhn. "Internationale Studien haben aber gezeigt, dass der Zuckerverzehr dadurch nicht zurückgeht." Es sei viel mehr der Eindruck entstanden, dass die
Süßstoffe zusätzlich zum normalen Zucker-Konsum genommen werden.
"Wenn jemand allerdings bewusst Stevia statt Zucker einsetzt, bringt es einen klaren Vorteil." Wer seine Desserts also mit Stevia süßt statt mit Zucker, spart nicht nur Kalorien, sondern schont auch die Zähne.
Hintergrund: Heilkraut vs. Süßstoff
Stevia rebaudiana
Das subtropische Heilkraut stammt ursprünglich aus dem Hochland von Amambay in Paraguay. Dem Kraut werden Kräfte nachgesagt: Es soll den Blutdruck senken, bei Diabetes helfen, gegen Zahnfleischbluten wirken, sowie die Verdauung und die Nierenfunktion unterstützen.
Steviolglycoside
Zugelassen ist nicht die Pflanze, sondern der Wirkstoff Steviolglycoside - ein Süßstoff, der aus der Pflanze gewonnen wird. Dementsprechend fehlen auch die angeblich heilbringenden Vorteile. Dennoch: Der Süßstoff enthält keine Kalorien, ist für Diabetiker geeignet und verursacht keine Karies.
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