Genveränderte Insekten könnten Landwirtschaft und Kriegsführung beinflussen

Genveränderte Insekten könnten Landwirtschaft und Kriegsführung beinflussen
Forscher der Max-Planck-Gesellschaft befürchten, dass Pflanzenviren als Biowaffen eingesetzt werden könnten.

Über biologische Waffen und ihre Wirkung ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Ein Programm der Forschungsbehörde des amerikanischen Verteidigungsministeriums weckt nun die Befürchtung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse zur biologische Kriegsführung missbraucht werden könnte. Mit "Insect Allies" - „Alliierte/Verbündete Insekten“ - sollen Insekten als Transportmittel für Pflanzenviren dienen und diese auf landwirtschaftliche Nutzpflanzen übertragen. Die Viren können das Erbgut der betroffenen Pflanzen mittels sogenannter Genomeditierung verändern. Auf diese Weise ließen sich bereits auf den Feldern wachsende Pflanzen wie Mais oder Tomaten schnell und in großem Stil genetisch verändern. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön sowie der Universitäten Freiburg und Montpellier weisen in einer Aussendung darauf hin, dass ein solches System relativ leicht manipuliert und als biologische Waffe eingesetzt werden kann. Ihr Artikel ist auch im Fachmagazin Science erschienen.

Erbgut von Nutzpflanzen verändern

Die Genomeditierung eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, das Erbgut von Nutzpflanzen zu verändern. Pflanzen können auf diese Weise beispielsweise ertragreicher oder unempfindlicher gegen Schädlinge und Trockenheit werden. Solche Eingriffe ins Erbgut können bislang jedoch nur im Labor vorgenommen werden – wachsen die Pflanzen erst einmal auf dem Feld, ist es dafür zu spät. Bei unerwarteter Dürre oder Schädlingsbefall müssen Landwirte also auf neues Saatgut für die nächste Erntesaison warten.

Grashüpfer, Blattläuse oder weiße Fliegen

In den USA investiert nun eine Behörde des US-Verteidigungsministeriums, DARPA, viel Geld, um genetisch veränderte Viren freizusetzen, die das Erbgut von Nutzpflanzen im Freiland verändern können. Wie aus Pressemitteilungen der für das Programm ausgewählten Institutionen hervorgeht, erforschen die beteiligten Wissenschaftler dabei, ob sie die Viren mithilfe von Grashüpfern, Blattläusen und - zu den Pflanzenläusen gehörenden - Weißen Fliegen auf Mais und Tomaten übertragen können. Bis zum Ende Programms, das auf viele Jahre angelegt ist, soll die Technik in großem Stil in Gewächshäusern einsetzbar sein.

Fehlende öffentliche Debatte

In öffentlichen Stellungnahmen weist die DARPA darauf hin, dass die Erkenntnisse aus dem Insect Allies-Programm vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt werden soll, zum Beispiel um Nutzpflanzen vor Dürre, Frost, Überschwemmung, Pestiziden oder Krankheiten zu schützen. Allerdings müssten die Zulassungsverfahren für genetisch veränderte Organismen in vielen Ländern für den Einsatz einer solchen Technologie umfassend geändert werden. Von der Verwendung solcher Verfahren wäre zudem auch Landwirte, Saatguthersteller und nicht zuletzt die Öffentlichkeit massiv betroffen.

Fehlende Debatte

„Trotz vereinzelter Pressemitteilungen der DARPA und der am Programm beteiligten Konsortien gibt es bislang so gut wie keine öffentliche Diskussion über den Sinn und die möglichen Konsequenzen dieser Technik. Selbst in Fachkreisen ist das Programm weitgehend unbekannt“, sagt Guy Reeves vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön. Den europäischen Wissenschaftlern zufolge wäre eine breite gesellschaftliche, wissenschaftliche und rechtliche Debatte jedoch dringend angebracht.

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