Zika ist gefährlicher als gedacht

Eine Frau hält eine blaue Mappe mit dem Logo der Weltgesundheitsorganisation vor ihr Gesicht.
Nach der Warnung der WHO, dass die Übertragung durch Sex öfter vorkommt, beantwortet der KURIER die wichtigsten Fragen rund um das Virus.

Das Zika-Virus könnte für Schwangere gefährlicher sein als bisher angenommen wurde, sagt Margaret Chan, Chefin der Weltgesundheitsorganisation. Die WHO warnt Schwangere jetzt explizit, in betroffene Gebiete (siehe Grafik unten) zu reisen. Bisher gab es lediglich die Empfehlung, nicht unbedingt notwendige Reisen zu verschieben. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum ist die WHO jetzt so besorgt?

Neue Studien zeigen, dass das Virus möglicherweise nicht nur eine Ursache für Schädelfehlbildungen bei Neugeborenen und für das Guillain-Barré-Syndrom (eine Erkrankung der Nervenbahnen) ist. Möglicherweise spiele eine Infektion auch bei anderen neurologischen Störungen eine Rolle. "Mikrozephalie ist nur eine von verschiedenen möglichen Anomalien", so Chan. Das Virus finde sich in Blut und Hirngewebe von lebend oder tot geborenen Föten. Erst vergangene Woche veröffentlichten US-Forscher einen Mechanismus, wie das Virus gezielt bestimmte Zellen von Babyhirnen angreift.

Wie groß ist das Risiko einer Infektion durch Geschlechtsverkehr?

Eine klare Antwort gibt es nicht. Allerdings dürfte dies doch häufiger der Fall sein als bisher angenommen wurde – bisher war lediglich von seltenen Einzelfällen die Rede. "Das ist alarmierend", so Chan. Die Hauptinfektionsquelle bleiben aber Mückenstiche.

Wie viele Zika-Infektionen gibt es bereits?

Die Schätzungen reichen zwischen 500.000 und 1,5 Millionen. Wie hoch der Anteil von Infizierten in den betroffenen Gebieten ist, ist nicht klar. Laut WHO könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich Zika ähnlich ausbreiten wird wie das Dengue-Fieber. An dieser tropischen Fieberkrankheit leiden jährlich bis zu 100 Millionen Menschen.

Führt jede Infektion einer Schwangeren zu einer Schädigung des Kindes?

Auch das ist noch nicht bekannt. "Ist es eine von 100? Oder vielleicht eine von 10.000? Derzeit ist nicht klar, wie besorgt Schwangere sein müssen", schreibt die BBC in ihrem Online-Portal. Auch wenn weiterhin der letzte Beweis dafür fehlt, dass das Virus Schädelfehlbildungen bei Neugeborenen verursache, sei klar, dass es auch die Plazenta oder das Nervensystem von Neugeborenen schädigen könne, so Chan. Ob die Virus-Infektion allerdings der einzige Faktor für eine Mikrozephalie bei den betroffenen Neugeborenen in Brasilien ist, bleibt weiterhin ungeklärt. "Man vermutet, dass insbesondere eine Infektion im ersten Drittel einer Schwangerschaft gefährlich ist", sagt Prof. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

Gibt es eine besonders riskante Phase in der Schwangerschaft?

Manche Studien deuten daraufhin, dass das Risiko für eine Mikrozephalie bei einer Infektion in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen am größten ist. Deshalb raten viele Mediziner Paaren mit Kinderwunsch, die in Zika-Regionen unterwegs sind, diesen aufzuschieben. Andere Studien zeigten ein erhöhtes Risiko bei Infektionen bis zur 29. Schwangerschaftswoche. Laut brasilianischen Laboruntersuchungen kann eine Infektion zwischen dem ersten und dritten Monat das Wachstum des Gehirns um 40 Prozent verringern. Bei einer Infektion in den ersten Schwangerschaftswochen kann sogar eine fast vollständige Zerstörung des Gehirns die Folge sein, so der brasilianische Forscher Steven Rehens. Er ist längst überzeugt: "Es gibt einen Kausalzusammenhang zwischen Zika und einer Schädigung des Hirns."

641 Fälle von Mikrozephalie (zu kleiner Kopf) sind in Brasilien seit Oktober des Vorjahres bei Neugeborenen bestätigt worden. Mehr als 4200 Verdachtsfälle müssen noch abgeklärt werden.

Schon jetzt sagen viele Touristen Brasilien-Reisen ab. Der Kartenverkauf für die in fünf Monaten beginnenden Olympischen Spiele in Rio verläuft nur schleppend. Ein positiver Faktor könnte sein, dass während der Olympischen Spiele in Brasilien Winter ist. "Es werden also zum Teil nur 12 bis 15 Grad erreicht und die Mücken haben keine Hauptsaison", so der Tropenmediziner Schmidt-Chanasit. Zudem werden Brutstätten der Insekten wie offene Wasserflächen beseitigt, um ihre Dichte zu reduzieren. Schon jetzt sei die Verbreitung der Moskitos in Rio viel geringer als in den Vorjahren. Das Risiko einer Infektion mit dem Zika-Virus in Mitteleuropa wird von Experten zwar als sehr gering eingeschätzt: "Aber man kann es natürlich nicht ausschließen", so Schmidt-Chanasit.

Eine Karte zeigt die von Zika-Viren betroffenen Gebiete und gibt Tipps zum Schutz vor Infektionen.

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