Nervenschmerz-Patienten sind oft unterversorgt

Eine stilisierte Darstellung von Neuronen mit roten Akzenten.
Knapp eine Million Menschen ist von Polyneuropathie betroffen, aber viele gehen nicht zum Arzt.

"Bamstige" Beine, Ameisenkribbeln, Brennen an den Fußsohlen – aber auch starke Schmerzen und Lähmungserscheinungen: die Beschwerden bei einer Polyneuropathie sind vielfältig, können schleichend oder akut auftreten. "Eigentlich sind es 500 verschiedene Erkrankungen", sagt Neurologe Udo Zifko, Vorstand der Neurologischen Abteilung am Evangelischen Spital in Wien. Bei Diagnose und Versorgung herrsche großer Nachholbedarf. Das ist auch ein Schwerpunkt beim "Fachtag Neuropathie" am 22. April.

In Österreich leidet rund einen Million Menschen (zehn bis zwölf Prozent der Bevölkerung) an derartigen Nervenschmerzen. Sie betreffen das periphere Nervensystem, die Reizweiterleitung funktioniert nur eingeschränkt oder gar nicht mehr. Polyneuropathien sind häufig eine Langzeitfolge von Diabetes oder anderen chronischen Erkrankungen, es gibt aber auch vererbbare Formen. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen.

Für die Diagnose wird unter anderem die Nervenleitgeschwindigkeit bestimmt, ebenso gibt es Labortests. Das Problem: "Viele Patienten gehen mit ihren Symptomen erst gar nicht zum Arzt", beklagt Zifko. Und wenn, ist die Diagnose oft unzureichend. Das zeigt eine aktuelle Studie mit 100 Polyneuropathie-Patienten, die eine ärztliche Zweitmeinung einholten. Jeder fünfte Patient erhielt keine vollständige oder überhaupt eine falsche Diagnose. Zehn Prozent hatten gar keine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit gehabt, ein Großteil hätte auch keine spezielle Physiotherapie oder Rehabilitation zur Verbesserung ihres Gangbildes, erhalten beklagt Zifko. Guidelines für eine qualitative und flächendeckende Betreuung seien dringend notwendig. Wie eine individuell angepasste Therapie die Situation der Betroffenen verbessern kann, betont Jörg Leiter, Obmann der Selbsthilfegruppe Polyneuropathie. Er saß nach 25 Jahren bereits im Rollstuhl. "Im November 2015 konnte ich wieder die ersten Schritte gehen." Für ihn ist es nach wie vor "ein Wunder, dass ich aus dem Rollstuhl gekommen bin."

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