Nach Ehec: „Sprossen sicher wie nie“
Martin Chu ist mit seiner Firma Evergreen Food einer der größten Sprossenproduzenten Österreichs: „Derzeit ist der Konsum von Sprossen so sicher wie noch nie.“ Ägyptische Bockshornkleesamen wurden von EU-Behörden offiziell als Quelle der Ehec-Epidemie zwischen Mai und Juli des Vorjahres identifiziert – 53 Menschen starben. Anfang dieser Woche gab es in Deutschland neuerlich Ehec-Alarm: In Hamburg ist ein sechsjähriges Mädchen an den Folgen einer Infektion mit diesem Darmkeim gestorben. Die Behörden gaben aber rasch Entwarnung: Es handle sich um einen Einzelfall. Der Erregertyp O104, der die Epidemie des Vorjahres auslöste, war nicht die Ursache. In den untersuchten Lebensmittelproben wurden auch noch keine anderen Ehec-Stämme gefunden.
Ende März laufen die europäischen Importverbote für Bockshornklee und einige andere Samensorten aus Ägypten aus. „Die Lebensmittelbehörden sind nach dem Ehec-Skandal besonders aufmerksam“, sagt der Ernährungswissenschafter und Hygiene-Sachverständige Andreas Schmölzer: „Auch die Selbstkontrolle der Industrie ist groß.“
Das bestätigt Martin Chu: „Ich verlange von den Lieferanten, die das Rohmaterial liefern, entsprechende Untersuchungsergebnisse, dass die Ware Ehec-frei ist. Und ich habe die Untersuchungen im eigenen Betrieb verstärkt. Auch die Gesundheitsbehörden führen jetzt öfter Stichprobenkontrollen durch.“ Vor der Ehec-Epidemie seien die Sprossen eher wenig beachtet worden.
Laut Gesundheitsministerium werde auf EU-Ebene über eine spezielle Zulassung für Sprossenproduzenten diskutiert. Außerdem sollen die Sprossen in eine Verordnung über mikrobiologische Untersuchungen aufgenommen werden. Martin Exner, Direktor des Hygiene-Instituts der Uni-Klinik Bonn, zweifelt allerdings daran, dass die Sprossensamen bereits in Ägypten mit dem Ehec-Erreger verunreinigt wurden: Vielmehr sei mangelnde Hygiene auf dem Biobetrieb im niedersächsischen Bienenbüttel die Infektionsquelle, sagte er dem Magazin Focus . Fast alle deutschen Infektionsfälle lassen sich auf diesen Hof zurückführen, wo man ägyptische Samen zu Salatsprossen verarbeitet hat. Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium bezweifelt Exners Theorie: „Eine spekulative Einzelmeinung.“
Ein Ehec-Risiko gibt es generell in zwei Bereichen: Bei nicht oder unzureichend erhitzter Rohmilch, Rohwürsten, rohem Rindfleisch und Frischkäse. Laut „Lebensmittelsicherheitsbericht 2010“ wurden bei einer Untersuchung von 351 Lebensmittelproben zwei Wildbretprodukte und zwei Rohwürste wegen eines Ehec-Nachweises als gesundheitsschädlich bewertet. Bei rohen pflanzlichen Lebensmitteln, die mit Rindergülle in Kontakt gekommen sind.
Tipps
„Kurzes Blanchieren oder Anbraten vor dem Essen ist am einfachsten und sichersten“, sagt Schmölzer. Die Sprossen bleiben knackig und die Vitamine gehen nicht verloren.“ Behandeln muss man Sprossen wie Faschiertes. Also rasch verbrauchen und wenn das nicht geht, dann möglichst kühl lagern. Sprossenbedingte Erkrankungen entstehen zu 90 Prozent durch den Anbau im eigenen Haushalt. Hygiene ist deshalb extrem wichtig. Die Keimoberfläche muss peinlich sauber sein. Zwei Mal täglich sollten die Sprossen mit sauberem Wasser gespült werden. Die optimale Keimtemperatur liegt zwischen 18°C und 20°C.
Info: Eigene Giftstoffe machen die Bakterien gefährlich
Die Erreger Natürliches Reservoir der Ehec-Bakterien ist der Darm von Wiederkäuern, speziell von Rindern. Den Tieren schadet das Ehec-Bakterium nicht, beim Menschen setzt es im Darm allerdings Giftstoffe frei, die lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen können. Es gibt verschiedene Bakterienstämme.
Die Epidemie Während der Ehec-Epidemie mit dem aggressiven Stamm O104:H4 im Frühjahr 2011 in Deutschland erkrankten 3842 Menschen, davon 855 mit schweren Nierenfunktionsstörungen (hämolytisch-urämisches Syndrom). 53 Menschen starben. In Österreich gab es fünf (importierte) Fälle.
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