Immer weniger Menschen sehen den Sternenhimmel
Immer mehr Menschen haben nur noch einen trüben Blick auf den Sternenhimmel. Ursache ist die zunehmende Beleuchtung von Straßen, Plätzen, Häusern und Denkmälern. Über 80 Prozent der Weltbevölkerung, in den USA und Europa sogar 99 Prozent, leben unter einem mehr oder weniger lichtverschmutzten Himmel, wie ein Team internationaler Wissenschaftler herausfand.
Mehr als ein Drittel der Erdbevölkerung könne vom Wohnort aus die Milchstraße nicht mehr sehen, in Europa seien es 60 Prozent. Die Forschungsergebnisse sind eine Neuauflage des 2001 erstmals erschienenen Atlas der Lichtverschmutzung. Das Team um den Italiener Fabio Falchi (Light Pollution Science and Technology Institute in Thiene) hat sie in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlicht.
"Besorgniserregend"
Der an der Studie beteiligte Wissenschafter Christopher Kyba vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam nennt die Beobachtungen besorgniserregend. Neben den nachtaktiven Tieren, die gelernt hätten, sich im Dunkeln zu orientieren, habe die Lichtverschmutzung auch negative Folgen für die Pflanzen, die den Wechsel von Tag und Nacht für die Photosynthese benötigten. "Das Kunstlicht kann das Pflanzenwachstum behindern und so die Nahrungsgrundlage für viele Tierarten - etwa für Fische - beeinträchtigen", sagte Kyba.
Die 2001 im ersten Lichtatlas veröffentlichten Daten stammten aus den Jahren 1996 und 1997. Sie basierten auf Satellitendaten eines Programms der US Air Force. Die neuen präziseren Messungen lieferte der NASA-Satellit Suzomi NPP, der die Erde seit 2001 umkreist. Mit einem eigens dafür gebauten Instrument wurde 2014 erstmals das ins Weltall strahlende Licht der Städte gemessen. Rund 20 Prozent der gesammelten Daten stammten von Menschen, die als sogenannte Bürgerwissenschafter an dem Projekt beteiligt waren.
Dunkler Norden
In Westeuropa gibt es demnach nur noch wenige richtig dunkle Regionen. Wer sie sucht, findet sie dem Lichtatlas zufolge am ehesten in Schottland, Schweden und Norwegen.
Schwerpunkt der Untersuchung waren die G20-Staaten, in denen die Lichtstrahlung an rund 21.000 Punkten gemessen wurde. Darunter haben Deutsche und Inder laut Studie noch die größten Chancen, die Milchstraße von ihrem Wohnort aus zu erkennen.
Problem LED-Leuchten
Eine große Gefahr sieht Kyba in der zunehmenden Verwendung von LED-Leuchten mit kaltweißem Lichtspektrum. Auf Menschen wirke das Licht morgens als Muntermacher, abends aber gehe die Bildung des zum Schlafen benötigten Hormons Melatonin zurück. "Die bläuliche Lichtfärbung erschwert es, Sterne am Himmel wahrzunehmen", erläuterte Kyba und empfiehlt LED-Leuchten mit orangefarbener Lichttönung. Auf Straßen und Plätzen sollten die Lampen ihr Licht nur dort hinstrahlen, wo es benötigt werde. Nach dem Vorbild Berlins sollten alle Städte ihre öffentliche Beleuchtung an einem umweltfreundlichen Lichtkonzept ausrichten.
Berlin achtet unter anderem darauf, dass Lichtabstrahlungen gen Himmel und auf Gewässern vermieden werden und verzichtet auf künstliche Beleuchtungen in naturnahen Bereichen. Bei wichtigen Verbindungen außerhalb des Straßennetzes wird Orientierungslicht empfohlen, das nur aus ganz kleinen Strahlern besteht.
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