Krebstherapie: Neuer Wirkstoff und neuer Therapieansatz?

Die zellschützenden Substanzen (Antioxidantien) im grünen Tee hemmten in mehreren großen Studien jene Enzyme, die an der Entstehung von Krebs beteiligt sind.
Ein Enzym, das überaktive Krebszellen vor ihren Abbauprodukten schützt, könnte laut Wiener und schwedischen Wissenschaftern einen sehr spezifischen Mechanismus für ein völlig neues Therapieprinzip darstellen. Das berichten zwei Studiengruppen in der renommierten Fachzeitschrift Nature. Die Wiener Forschergruppe unter dem wissenschaftlichen Direktor des Zentrums für Molekulare Medizin (CeMM) am Gelände des Wiener AKH / MedUni Wien, Giulio Superti-Furga, und die schwedischen Wissenschafter (Karolinska-Institut/Stockholm) erzielten ihre Ergebnisse unabhängig voneinander. Superti-Furga sprach von einem "doppelten Jackpot", den man mit der Entdeckung des neuen potenziellen Angriffspunktes für die medikamentöse Krebstherapie gewonnen hätte.
Der Hintergrund: Zwar hat die Wissenschaft international in den vergangenen zehn Jahren mit der "zielgerichteten Krebstherapie" auf der Basis von Gendaten gelernt, mit Wirksubstanzen exakte Ziele in Krebszellen anzupeilen, doch es kommt im Rahmen der Behandlung oft recht schnell zu Resistenzen. Weiterhin sucht man nach für Krebszellen exklusiven und für deren Überleben entscheidenden Stoffwechselmechanismen. Gesunde Zellen sollen sie hingegen nicht aufweisen, damit allfällige Medikamente eben nur die bösartigen Zellen angreifen.
Schutzenzym blockiert
Ein Team um Thomas Helleday vom Karolinska-Institut in Stockholm will einen solchen Mechanismus gefunden haben. "In der aktuellen Studie stellen die Wissenschafter eine Enzym-Aktivität vor, die für alle untersuchten Krebsarten unabdingbar und gleichzeitig unabhängig von den genetischen Veränderungen bei einzelnen Krebsarten ist", schrieb das Karolinska-Institut.
Karolinska-Forscher Helleday sagte dazu: "Unser Konzept besteht darin, dass Krebszellen einen veränderten Stoffwechsel haben. Das Enzym MTH1 schützt sie vor dem Einbau beschädigter DNA-Bausteine in ihre Erbsubstanz und gewährleistet damit das Überleben von Krebszellen. Mit einem MTH1-Hemmstoff, wird dieses Enzym blockiert, derart beschädigte DNA-Bausteine werden in die Erbsubstanz eingebaut, richten Schaden an und killen die Zellen." Die schwedischen Forscher stellten eine ganze Reihe von MTH1-Blockern her. Diese könnte man weiterentwickeln. In einem Mausmodell mit einem Tumor von einem Melanompatienten, bei dem eine Resistenz gegen alle derzeit erhältlichen Medikamenten aufgetreten war, wurde ein sehr gutes Ansprechen auf die MTH1-Blockade registriert. Roger Olofsson von der Universität von Göteborg: "Wir waren extrem glücklich. Einen solchen Durchbruch sieht man nur selten."
Die zweite dazu von Nature veröffentlichte Studie stammt vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien und von britischen Wissenschaftern. Unter der Leitung von Superti-Furga konnten die Experten mit der Methode der Massenspektrometrie zeigen, dass auch ein Wirkstoff, der sich von dem bereits registrierten und zum Beispiel in der Lungenkrebstherapie eingesetzter Arzneimittel Crizotinib ableitet, auch auf diesem Weg (MTH1-Blockade) seinen Effekt entfaltet. Durch die hohe Ähnlichkeit zu dem vorhandenen Arzneimittel könnte die andersdrehende Form sehr schnell zu einem breit einsetzbaren Krebsmittel entwickelt werden.
Dazu sagte Superti-Furga: "Es ist wirklich ein seltener Glücksfall, dass wir nicht nur einen bisher unbekannten wunden Punkt aggressiver Krebsarten gefunden haben, sondern gleichzeitig per Zufall eine chemische Substanz identifiziert haben, die das Spiegelbild eines der besten neuen Anti-Krebsmittel darstellt. Doppelter Jackpot!". Laut dem Erstautor Kilian Huber könnte man durch diese Entdeckung sehr zügig mit klinischen Studien beginnen. Bisher wurde diese Substanz nur an Mäusen getestet.
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