Angst vor psychischen Erkrankungen wächst

Eine junge Frau sitzt mit dem Kopf in den Händen auf dem Boden.
Psychisch krank: Experten fordern Forschungsbeteiligung.

Knapp 20 Prozent der Bevölkerung fühlt sich gefährdet, psychisch zu erkranken. Fast 80 Prozent kennen in ihrem persönlichen Umfeld jemanden, der unter einer solchen Erkrankung leidet oder litt. Vier von fünf Befragten sind davon überzeugt, dass psychische Erkrankungen nach wie vor ein Tabuthema sind. Dabei sprechen neun von zehn Befragten für eine Gleichstellung psychischer und physischer Erkrankungen aus.

Das sind die erschütternden Ergebnisse einer repräsentativen Studie des österreichischen Gallup-Instituts, das im Auftrag der Initiative "Open Innovation in Science" der Ludwig Boltzmann Gesellschaft 1.000 Personen befragt hat. Hintergrund der Untersuchung: Unter dem Motto "Reden Sie mit!" können sich Betroffene, Spezialisten und Interessierte ab dem 16. April unter www.redensiemit.org aktiv an der Entwicklung von wissenschaftlichen Forschungsfragen zum Thema psychische Erkrankungen beteiligen. Neben dem österreichischen Ludwig Boltzmann Gesellschaft wird das Projekt von einem internationalen Advisory Board unterstützt, das unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO, die Harvard Medical School und die Max-Planck-Gesellschaft beschicken.

Eine Frau hält ihre Hand vor ihr Gesicht, möglicherweise traurig oder gestresst.

Symbolbild

Ulrike Schmidt kennt sich damit aus. Sie leitet die Trauma-Ambulanz des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München und sitzt im Beirat der Initiative: „Die Befragung zeigt, dass psychische Erkrankungen sehr weit verbreitet, aber noch immer stark tabuisiert sind. Deshalb ist 'Open Innovation in Science' auch so wichtig, um betroffene BürgerInnen am Forschungsprozess zu beteiligen, die Transparenz zu erhöhen und das Bewusstsein für psychische Erkrankungen zu steigern. Die Forschung muss stärker an die Bedürfnisse der Erkrankten heranrücken.“

Forschung für Menschen betreiben

Die Befragung des Gallup-Instituts unterstreicht den Wunsch der Bevölkerung, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Anregungen aus der Gesellschaft in ihre Forschungsthemen einfließen lassen. 78 Prozent der Befragten wünschen sich, stärker am Forschungsprozess beteiligt zu werden. Hier setzt die "Open Innovation in Science"-Initiative mit Hilfe der Online-Plattform an. Claudia Lingner, Geschäftsführerin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft und Initiatorin von "Open Innovation in Science": "Ich bin davon überzeugt, dass die Einbindung externer Wissensgeber in Zukunft an Bedeutung gewinnt. Es geht uns um eine Diskussionskultur auf Augenhöhe zwischen der Wissenschaft und der Gesellschaft. Das heißt für uns auch, dass BürgerInnen Einfluss darauf haben, was erforscht wird. Wir wollen also Wissen, das außerhalb einer Kerndisziplin liegt für konkrete Forschungsanliegen nutzbar machen. So können sich völlig neue Fragestellungen und in späterer Folge neue Lösungen ergeben."

Europaweites Debüt

Eine junge Frau sitzt nachdenklich auf dem Boden.
mädchen leidet unter depressionen (gestellte aufnahme) (©www.funkbild.at)
Die Initiative will damit etwas europaweit einzigartiges erreichen: In einem zweistufigen Verfahren Personen in die Generierung neuer Forschungsfragen einbinden und so Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Anwendung von Open Innovation-Methoden in der Forschung trainieren. Durch die gezielte Öffnung des Innovationsprozesses soll neues Wissen von außen in die Forschung gebracht werden. Informationen dazu gibt es aufwww.openinnovationinscience.at.

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