Hochbetagte leben zufrieden

Ein Paar geht einen von Bäumen gesäumten Weg entlang, der mit Herbstlaub bedeckt ist.
Erste umfassende Erhebung über Gesundheit, Lebensgestaltung und Betreuung von 80- bis 85-Jährigen.

Hochbetagte Menschen sind in Österreich eine heterogene Gruppe. Knapp die Hälfte ist gebrechlich, etwa die Hälfte bezeichnet ihren Gesundheitszustand als "gut" bis "sehr gut". Mehr als 80 Prozent zeigen aber bereits kognitive Leistungsstörungen. Das geht aus der ersten umfassenden Erhebung zum Thema "Gesundheit, Lebensgestaltung und Betreuung" in der Altersgruppe der 80- bis 85-Jährigen hervor. 410 Probanden wurden dafür befragt.

"Heute sind zirka fünf Prozent der europäischen Gesamtbevölkerung 80 Jahre und älter. Im Jahre 2050 werden dies elf Prozent sein. Diese Veränderungen werden nicht ohne Folgen für unsere Gesellschaft bleiben", heißt es in der Einleitung zur "Österreichischen Interdisziplinären Hochaltrigenstudie (ÖIHS)".

Zufriedenheit

Was die Experten prinzipiell gefunden haben: Es gibt eine "auffällige Heterogenität (...) bei der Betroffenheit durch altersbedingte Einschränkungen" und eine zunehmende Differenzierung im hohen Alter. Relativ groß ist die Gruppe der Menschen mit gutem Gesundheitszustand und autonomer Lebensführung. Ein Alter von "80plus" bedeutet in Österreich noch lange nicht, dass das Leben von Defiziten in physischer, psychischer oder sozialer Hinsicht dominiert wird. Immerhin sind 79,2 Prozent der Befragten mit ihrer Lebenssituation zufrieden.

Gesundheit

In Sachen Gesundheit gibt es relativ gutes Bild. 54,4 Prozent der 80- bis 85-Jährigen weisen einen guten Gesundheitszustand (13,7 Prozent sehr gut, 40,7 Prozent gut) auf. Einen relativ labilen Allgemeinzustand mit funktionalen Einschränkungen haben 36,3 Prozent. Als gebrechlich mit gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen sind 9,3 Prozent zu betrachten. Einen sehr guten oder guten Gesundheitszustand haben in der Altersgruppe noch 64,2 Prozent der Männer, hingegen nur 47,2 Prozent der Frauen.

Krankheit

Allerdings sind zwischen 80 und 85 Jahren bereits 92,4 Prozent der Menschen von zumindest einer chronischen Krankheit betroffen. An der Spitze ist da der Bluthochdruck mit 53,4 Prozent. Dann kommen Harninkontinenz (34,1 Prozent) und Herzkrankheiten (31,2 Prozent). 18,8 Prozent der Probanden gaben an krebskrank zu sein oder es gewesen zu sein. 18,3 Prozent sind Diabetiker, 29 Prozent leiden an Rheuma oder Gicht.

In einem Jahresquartal gehen 74,6 Prozent der Betagten zumindest einmal zum Arzt. 11,2 Prozent suchen den Arzt gar fünf bis zehn Mal auf (mehr als zehn Mal: 6,3 Prozent). Am häufigsten (31,5 Prozent) sind ein bis zwei Arztbesuche in drei Monaten. Mit mehr als fünf einzunehmenden Medikamenten fallen 41,4 Prozent der Probanden unter die Gruppe der von Polypharmazie betroffenen Personen. 12,4 Prozent haben mehr als zehn Medikamente ärztlich verordnet bekommen.

Der Ernährungsstatus ist gut. 9,8 Prozent haben allerdings ein erhöhtes Risiko für eine Mangelernährung. 94,4 Prozent benötigen eine Sehhilfe. 31,2 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer haben Schwierigkeiten beim Sehen trotz Brillen. Männer haben häufiger Hörprobleme (37,4 Prozent) als Frauen (26,4 Prozent).

Mobilität

65,6 Prozent der Befragten können sich innerhalb ihres Wohnortes selbstständig und uneingeschränkt fortbewegen. 82 Prozent wiesen im Gangtest eine „normale“ Geschwindigkeit auf. „In Übereinstimmung mit den Ergebnissen zur Mobilität ergibt sich, insgesamt betrachtet, ein vergleichsweise hoher Grad an Selbsthilfefähigkeit (...) im Hinblick auf alltägliche Verrichtungen“, heißt es dem Report. 91,2 Prozent können sich selbstständig anziehen, 85,6 Prozent mindestens zehn Stiegen steigen, 76,6 Prozent Einkaufen gehen. Insgesamt nur 30 Prozent der Probanden in Privathaushalten gaben an, im Alltag auf Unterstützung angewiesen zu sein.

Denkleistung

Schlechter sieht es offenbar mit den kognitiven Fähigkeiten der Österreicher zwischen 80 und 85 aus. „Nur 15,5 Prozent der Teilnehmer haben den kognitiven Test fehlerfrei absolviert“, stellen die Autoren fest. Leichte Defizite zeigten 31,8 Prozent, auffällige Ergebnisse 32,6 und sehr auffällige Resultate 20,1 Prozent.

Gefühlsleben

Sehr unterschiedlich waren die Ergebnisse bei der Häufigkeit des Gefühls von Einsamkeit. 2,4 Prozent fühlen sich immer einsam, 9,3 Prozent immerhin oft (manchmal: 14,4 Prozent). Selten einsam sind 10,7 Prozent und überhaupt nie 62,2 Prozent. Männer fühlen sich zu 9,4 Prozent oft oder immer einsam, Frauen hingegen zu 13,6 Prozent.

Im Alter oft in Verbindung zum Gefühl der Einsamkeit noch hinzu kommend sind depressive Stimmungen. „11,5 Prozent der Befragten fühlen sich häufig deprimiert (in vorangegangenen zwei Wochen oder immer; Anm.)“, stellt die Hochaltrigenstudie fest. Selten oder nie glücklich fühlen sich 22,4 Prozent, oft oder immer traurig 14,6 Prozent. Mit 6,7 Prozent von an depressiven Stimmungen leidenden Personen waren die in Privathaushalten Lebenden deutlich seltener vertreten als Menschen in Seniorenwohnheimen etc. (17,9 Prozent) oder in Pflegeheimen (38,4 Prozent).

Laster

Während im Alter von 80 bis 85 Jahren 88,3 Prozent der Österreicher Nichtraucher sind, trinken 17,8 Prozent der Frauen und 32,9 Prozent der Männer täglich oder fast täglich Alkohol (zwei bis drei Mal pro Woche: 7,6 Prozent der Frauen und 15 Prozent der Männer).

Sozialleben

55,2 Prozent der Befragten in Privathaushalten leben allein. 50,5 Prozent der Probanden sind in der Altersgruppe verwitwet. 35,1 Prozent fahren noch mit dem Auto. Bei der liebsten Alltagsgestaltung schneidet das Fernsehen als häufigste Aktivität (95,8 Prozent) am besten ab. Dann folgen Lesen (83,4 Prozent), regelmäßige Besuche anderer oder durch andere Menschen (77,3 Prozent) und Spaziergänge (60 Prozent). 48 Prozent gaben an, Kunst- und Kulturveranstaltungen zu besuchen. Für 31 Prozent spielen Zärtlichkeit und Sexualität eine große Rolle.

Studie

Die Studie mit 260 Probanden aus Wien und 150 Teilnehmern aus der Steiermark wurde von der Österreichischen Plattform für Interdisziplinäre Alternsfragen (ÖPIA) durchgeführt. Finanzierungs- und Projektpartner waren das Gesundheits- und das Sozialministerium, die Steiermark sowie der Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Die Informationen wurden im Rahmen von standardisierten Befragungen und Tests in quantitative rund qualitativer Hinsicht erhoben.

Eine Grafik über die Lebenssituation älterer Menschen in Österreich, basierend auf einer Studie.
Studie bei 80- bis 85-Jährigen, Zufriedenheit mit der Lebenssituation, Bewältigung des Alltags, kognitive Leistungen - Balkengrafik, Tortengrafik Grafik 0541-15-Gesundheit.ai, Format 88 x 102 mm

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