LGBTIQ-Community in Wien fordert mehr Affenpocken-Impfstoff

LGBTIQ-Community in Wien fordert mehr Affenpocken-Impfstoff
Die 4.340 Impfdosen seien "nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein". Bis zu 16.000 Männer wollen sich vorbeugend impfen lassen.

Im Kampf gegen die Ausbreitung der Affenpocken - die Anzahl der behördlich bestätigten Fälle ist zuletzt auch in Österreich gestiegen - beklagt die LGBTIQ+-Community das Fehlen von ausreichendem Impfstoff. 4.340 Dosen des Vakzins von Imvanex/Jynneos sind bisher nach Österreich geliefert worden. Für Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, ist das "nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein", wie sie auf APA-Anfrage erklärte.

Dass das Gesundheitsministerium in der aktualisierten Impfempfehlung eine Indikationsimpfung nun auch für Personen mit individuellem Risikoverhalten, insbesondere für homo- und bisexuelle Männer mit wechselnden Sexualkontakten, vorsieht, begrüßen sowohl die HOSI Wien als auch die Aids Hilfe Wien. Dass das Impfen "geöffnet" wird und sich nicht mehr auf postexpositionelle Prophylaxe (PEP) beschränkt - also auf Menschen, die einen engen körperlichen Kontakt zu einer nachweislich infizierten Person beschränkt hatten -, sei "gut und dringend notwendig", sagte Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien. Mit der derzeit verfügbaren Menge sei es aber "fraglich, ob viele Menschen aus den Risikogruppen an eine Impfung kommen werden und wie schnell das geht". Die ministerielle Impfempfehlung macht nämlich die Indikationsimpfung von einer entsprechenden Verfügbarkeit der Impfstoffe abhängig, PEP-Impfungen gehen vor, um nach direktem Kontakt mit dem Erreger den Ausbruch einer symptomatischen Erkrankung zu verhindern.

Hoher Impfbedarf

Die Aids Hilfe Wien befürchtet daher, dass etliche Interessenten - vor allem die stark betroffene Gruppe der homosexuellen Männer in Alter zwischen 20 und 40, die nach der Abschaffung der allgemeinen Pocken-Impfung in den frühen 1980-er-Jahren geboren wurden - keinen Impftermin zum vorsorglichen Schutz vor den Affenpocken bekommen werden. Die in Österreich vorhandenen Dosen wurden vom Gesundheitsministerium entsprechend dem jeweiligen Bevölkerungsanteil auf die einzelnen Bundesländer aufgeteilt. Der Schlüssel sieht für Wien 21,51 Prozent vor, was umgerechnet 933 Impfdosen entspricht. Dabei geht die Aids Hilfe davon aus, dass sich allein in Wien 10.000 bis 12.000 Männer impfen lassen möchten. Bezogen auf ganz Österreich lasse sich aus Studien ein Impfbedarf für 15.000 bis 16.000 Personen bis Ende des Jahres errechnen, hielt Brunner fest.

LGBTIQ-Community in Wien fordert mehr Affenpocken-Impfstoff

"Wir haben alleine in Wien Tausende impfbereite Männer, die mit Männern schlafen", meinte HOSI-Obfrau Otte. Für diese gebe es "schlicht weg viel zu wenig Impfstoff". Für Otte ist daher klar: "Die einzige Lösung für dieses Problem ist, dass Österreich endlich wie beispielsweise Deutschland und Frankreich eigenständig ausreichend Impfstoff beschafft."

Impftourismus "absurd"

Das hat zuletzt auch der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gefordert. Dass Männer ins Ausland, etwa nach Berlin fahren, um sich immunisieren zu lassen, sei absurd, meinte Hacker gegenüber der APA: "Ich hoffe, dass sich der Herr Gesundheitsminister rasch was einfallen lässt, wie man zu mehr Impfstoff kommt. Wir werden ihn dringend brauchen." Die Empfehlung des Nationalen Impfgremiums (NIG) könne derzeit nicht umgesetzt werden.

Das Gesundheitsministerium versicherte am Donnerstag ein Mal mehr, man arbeite in Absprache mit den europäischen Behörden laufend und intensiv daran, möglichst schnell zusätzliche Impfstoffmengen zur Verfügung zu stellen. "Hierzu finden aktuell bereits vielversprechende Gespräche statt", hieß es gegenüber der APA.

Aufgrund der neuesten Empfehlungen der europäischen Behörden sowie seit dieser Woche auch des österreichischen Nationalen Impfgremiums (NIG) reicht künftig ein Fünftel der herkömmlichen MPX-Impfdosis im Fall einer präventiven Anwendung, wenn das Präparat nicht subkutan - also unter die Haut - verabreicht wird, sondern in die Haut. "Dieses Vorgehen hilft dabei, den derzeit knappen Vorrat des Präparats besser zu nutzen und somit deutlich mehr Menschen präventiv mit einer Schutzimpfung versorgen zu können", teilte das Ministerium mit.

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