Hilfe für Johannes: "Früher hatte ich Angst vor Menschen mit Behinderung"

Hilfe für Johannes: "Früher hatte ich Angst vor Menschen mit Behinderung"
Petra Zehentner hatte Vorbehalte, bis sie selbst ein beeinträchtigtes Kind bekam. Das gemeinsame Leben nimmt sie wie einen Marathon.

„Früher hatte ich Angst vor Menschen mit Behinderung“, erzählt Petra Zehentner. „Als ich die Ärztin gefragt habe, ob ich jetzt ein Kind mit Behinderung habe und sie Ja gesagt hat, war das wie eine Keule.“ Die junge Mutter hatte Angst, nicht damit umgehen zu können. „Dann lernst’ es“, war die Antwort der Ärztin.

Heute ist Johannes zehn Jahre alt und seine Mutter hat die Herausforderungen dieses Marathons – wie sie ihren gemeinsamen Weg nennt – angenommen. Nach einer normalen Schwangerschaft war der Start sehr schwierig: „Er wurde per Kaiserschnitt geholt, hat bei seiner Geburt nicht geatmet und musste reanimiert werden. Ich durfte ihn erst zwei Tage später kennenlernen.“

Es folgten etliche Komplikationen, Untersuchungen, Operationen und viele, viele Arzttermine. „Ich habe quasi ein Medizinstudium im Schnelldurchlauf nachgeholt, um bei der Diagnosestellung und bei Arztterminen fit zu sein“, erzählt Petra Zehentner.

Hilfe für Johannes: "Früher hatte ich Angst vor Menschen mit Behinderung"

Johannes kommuniziert mit Gebärdensprache und Symboltafeln

Das Syndrom ihres Sohnes hat keinen eigenen Namen. „Es war klar, er wird nicht normal sitzen, sich umdrehen oder sprechen.“ Umso wichtiger war es der Mutter, Johannes jeden Fortschritt zu ermöglichen, der für ihn machbar ist. Mithilfe von Logopädie hat er gelernt, normal zu schlucken. Mit seiner Umwelt kann er heute per Gebärdensprache und mithilfe von Symboltafeln kommunizieren. So zeigt er seiner Mutter während des KURIER-Gesprächs, dass er seinen Kuschelaffen möchte.

Hilfe für Johannes: "Früher hatte ich Angst vor Menschen mit Behinderung"

Dank etlicher Therapien muss Johannes nicht mehr am Boden robben – mit Unterstützung kann er heute sogar gehen. „Wir haben mit dem Grazer Institut ‚Home for Motion‘ tolle Erfolge erzielt und Johannes hat die 260 Stufen zum Grazer Uhrturm hinaufgeschafft“, erzählt die sportliche Mutter stolz.

Allerdings werden ihnen seit 2018 keine Reha-Aufenthalte bezahlt. Das Duo ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Umfeld angewiesen. „Jeder kleine Fortschritt richtet mich auf. Ich kann Johannes keinen Schmerz und keine OP abnehmen. Aber ich kann ihn begleiten.“

Unterstützung bekommt Petra Zehentner dabei kaum. „Dem Familienentlastungsdienst war die Pflegestufe irgendwann zu hoch. Du musst dich vor Organisationen komplett nackig machen. Für mich ist das ein sehr übergriffiger Prozess. Eine normale Familie darf ja auch nach einem Babysitter fragen, ohne dass man alles so offenlegen muss.“

Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sie nicht mehr darum streiten muss, ob eine Therapie für ihren Sohn bezahlt wird. Ihr Ziel ist, dass Johannes irgendwann ein paar freie Schritte machen kann. Das sei durchaus realistisch. „Für einen Marathon fängt man auch nicht mit 25 Kilometern an.“

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