Statt Aspirin zur Herzinfarkt-Prävention: Welches Mittel Ärzte jetzt empfehlen

Statt Aspirin zur Herzinfarkt-Prävention: Welches Mittel Ärzte jetzt empfehlen
Seit vielen Jahren wird die Einnahme von Aspirin wegen seiner blutverdünnenden Wirkung als vorbeugende Maßnahme gegen Herzinfarkte und Schlaganfälle empfohlen. Insbesondere nach einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt wird Patientinnen und Patienten oft Aspirin verordnet, um einem erneuten Gefäßverschluss entgegenzuwirken.
Ob die vorbeugende Gabe der Arznei auch bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aber ohne Vorgeschichte sinnvoll ist, gilt unterdessen inzwischen als umstritten. Denn das bekannte Schmerzmittel kann bei regelmäßiger Einnahme schwerwiegende Nebenwirkungen mit sich bringen, etwa innere Blutungen.
Ärzte finden Medikament, das Herzinfarkten besser als Aspirin vorbeugt
Auf dem am Montag in Madrid zu Ende gegangenen Jahreskongress der Europäischen Kardiologen-Gesellschaft wurde nun Clopidogrel, ein häufig verschriebener Blutverdünner, als effektivere Alternative zu Aspirin präsentiert.
Neueste Daten würde zeigen, dass Clopidogrel Aspirin "überlegen" sei, heißt es in der von dem internationalen Forschungsteam parallel zur Präsentation veröffentlichten Publikation im Fachblatt Lancet. Man plädiert daher für eine "umfassenden Einführung" des Medikaments in die klinische Routine.
In der Analyse von fast 29.000 Patientinnen und Patienten mit Koronarer Herzkrankheit (KHK) (Erkrankung des Herzens, bei der es durch verengte Herzkranzgefäße zur Durchblutungsstörung kommt, Anm.) zeigte sich, dass Clopidogrel schwerwiegenden Herz- und Schlaganfallereignissen besser als Aspirin vorbeugte, ohne das Risiko schwerer Blutungen zu erhöhen. Die Analyse von in Summe sieben klinischen Studien ergab, dass Patientinnen und Patienten, die Clopidogrel einnahmen, ein um 14 Prozent geringeres Risiko für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung hatten als diejenigen, die Aspirin einnahmen. Schwere Komplikationen durch Blutungen traten bei beiden Mitteln in etwa gleich häufig auf. Die Forschenden sehen Befürchtungen, Clopidogrel könnte ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil haben, damit zerstreut.
Koronare Herzkrankheit: eine der häufigsten Todesursachen in westlichen Ländern
Die KHK ist eine der häufigsten Todesursachen in westlichen Ländern. In Österreich sind 36 Prozent aller Todesursachen den Herz-Kreislauferkrankungen zuzuordnen (zum Vergleich Krebs: 26 Prozent). Dies liegt einerseits daran, dass die Bevölkerung immer älter wird. Andererseits gibt es gewisse Risikofaktoren wie etwa Übergewicht, Bewegungsmangel, Diabetes oder Rauchen. In der stärksten Ausprägung kann die Koronare Herzkrankheit zum akuten Herzinfarkt führen.
Die neuen Ergebnisse stellen die seit Langem bestehende Empfehlung, Aspirin als langfristige Standardbehandlung zur Vorbeugung schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse bei KHK-Patienten einzusetzen, in Frage.
Die überlegene Wirksamkeit von Clopidogrel gegenüber Aspirin zeigte sich in mehreren wichtigen Untergruppen, darunter bei Personen, die sich einer Stentimplantation unterzogen hatten, oder Teilnehmenden, die wegen genetischer oder klinischer Merkmale schlechter auf Clopidogrel ansprechen. Dies würde "die Verallgemeinerbarkeit dieser Ergebnisse auf das breite Spektrum der Patienten mit KHK" untermauern. Bei KHK-Patienten sei Clopidogrel Aspirin als Langzeittherapie deswegen vorzuziehen. Und weiter: "Die verbreitete Verfügbarkeit, die generische Formulierung und die Erschwinglichkeit von Clopidogrel sprechen ebenfalls für eine mögliche breite Anwendung in der klinischen Praxis."
"Diese Erkenntnisse werden wahrscheinlich Auswirkungen (...) haben"
Was sagen unbeteiligte Experten zu dem Vorstoß? "Aspirin ist ein häufig verschriebenes Medikament zur Vorbeugung von wiederholten Herzinfarkten und Schlaganfällen. Diese Forschung legt nahe, dass Clopidogrel, eine Alternative zu Aspirin, bei der Vorbeugung von wiederkehrenden Herzinfarkten oder Schlaganfällen wirksamer sein könnte", wird Bryan Williams, wissenschaftlicher und medizinischer Leiter der British Heart Foundation, im Guardian zitiert.
Wesentlich sei, dass die beobachteten Vorteile ohne ein erhöhtes Risiko für schwere Blutungen einhergehen: "Diese Erkenntnisse werden wahrscheinlich Auswirkungen darauf haben, welche Medikamente Ärzte ihren Patienten verschreiben, um das Risiko zukünftiger Herzprobleme zu senken."
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