Gesund alt werden: Die Wissenschaft lernt von Würmern

Gesund alt werden: Die Wissenschaft lernt von Würmern
Grazer Altersforschern dient der Fadenwurm, der nur drei bis vier Wochen lebt, als Modellsystem.

Mit der Frage, wie man den Alterungsprozessmöglichst gut beeinflussen kann, damit das Alt-Sein möglichst lange bei guter Gesundheit erlebt werden kann, beschäftigt sich die Grazer Biochemikerin Corina Madreiter-Sokolowski. Dazu hilft ihr an der Medizinischen Universität Graz ein winziger Wurm - der nur einen Millimeter lange Fadenwurm.

Doppelt so viele alte Menschen

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass sich die weltweite Anzahl der über 60-Jährigen von 2015 bis 2050 verdoppeln wird. Mit höherer Lebenserwartung ist aber auch eine Zunahme an Krebsfällen sowie an kardiovaskulären und neurodegenerativen Erkrankungen verbunden. Forscher versuchen Faktoren zu entschlüsseln, die solchen Krankheiten vorbeugen können. Etlichen Substanzen wie Resveratrol (enthalten in Rotwein) oder Katechinen aus Grüntee wird in diesem Zusammenhang schon lange und immer wieder eine positive Rolle bei körperlichen Alterungsprozessen zugeschrieben.

Corina Madreiter-Sokolowski vom Gottfried Schatz Forschungszentrum der Med-Uni Graz interessiert das lebensverlängernde Potenzial dieser und weiterer Substanzen, die komplexen Alterungsmechanismen und die dafür grundlegenden molekularen Vorgänge. Für ihre Forschungen zu den Alterungsprozessen der Zellen hat die Molekularbiologin erst jüngst von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die höchstdotierte Auszeichnung für Nachwuchsforscherinnen und -forscher, den Elisabeth Lutz-Preis erhalten.

"Kraftwerke" der Zellen

Konkret forscht die 32-jährige gebürtige Salzburgerin an winzigen Bausteinen der Zelle, den Mitochondrien. Sie gelten als "Kraftwerke" der Zellen, verändern ihre Aktivität jedoch abhängig vom Alter der Zelle und der Kalziumzufuhr, wie Corina Madreiter-Sokolowski weiß. Die Wissenschafterin erforscht mithilfe des Fadenwurms, Caenorhabditis elegans, wie die Aktivität von Mitochondrien gezielt moduliert werden kann, um die Fitness im Alter aufrecht zu erhalten und das Leben zu verlängern.

Schon während der Arbeit an ihrer Grazer Dissertation entwickelte die Forscherin ein Zellkultur-Modell, mit dem sich Kalziumbalance und die beteiligten Prozesse in den Mitochondrien genauer untersuchen lassen.

Die Vorteile des Fadenwurms

An der ETH-Zürich sah sie sich die Rolle von Mitochondrien als Signalgeber im Alterungsprozess an, dabei lernte sie die Vorteile des Fadenwurms als Modellorganismus kennen: Auf den ersten Blick haben der winzige Wurm und der Mensch nicht viel gemeinsam. Und doch hat er - vor allem was Alterungsprozesse anbelangt - mit dem Menschen den Großteil der funktionellen Proteine und Signalkaskaden gemeinsam.

Sehr nützlich ist auch, dass dieser nicht durchschnittlich 80 Jahre, sondern lediglich drei bis vier Wochen lebt. Dadurch kann innerhalb einigermaßen kurzer Zeit getestet werden, wie sich Wirkstoffe auf die Lebensdauer auswirken.

Eigenes Fadenwurm-Labor

Ein weiterer Gewinn ist die Transparenz des nur einen Millimeter langen Wurms: So kann man den im Wurm enthaltenen, markierten Proteine sozusagen bei der Arbeit zusehen. Seit ihrer Rückkehr aus der Schweiz baut die Grazer Assistenzprofessorin an der Med-Uni ein Fadenwurm-Labor auf.

In ihrem Team gelang bereits der Nachweis, dass Mitochondrien im Alter näher an ein anderes Zellorganell - das Endoplasmatische Retikulum (ER) - heranrücken und stärker interagieren. Das ER faltet Proteine zum Einsatz in der Zelle, ist aber zugleich auch der größte intrazelluläre Kalziumspeicher. Der Botenstoff Kalzium treibt den Stoffwechsel im Zellkraftwerk an, damit eine ausreichende Menge vom Energieträger ATP hergestellt wird.

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