Endometriose: Das unentdeckte Leiden der Frau

Endometriose betrifft weltweit Millionen von Frauen, viele wissen davon nichts. Dabei ist die Früherkennung wesentlich
Sie ist eine der häufigsten aber ebenso oft verkannten gynäkologischen Erkrankungen, rund 150.000 Frauen in Österreich sind betroffen, viele davon ohne es zu wissen. Nicht selten dauert es Jahre, bis die Diagnose gestellt wird. Besonders Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch stoßen häufig erst nach einer Reihe ergebnisloser Untersuchungen auf den Grund: Endometriose. Wobei die tatsächlichen Ursachen, warum es zu einer solchen kommt, nach wie vor nicht restlos geklärt sind.
Schmerzen als Alarmsignal
Eine genetische Komponente scheint eine Rolle zu spielen, da die Erkrankung in manchen Familien gehäuft auftritt. Nichtsdestotrotz weiß man, was bei der Erkrankung passiert: Endometriose bildet sich, wenn gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Diese Gewebeinseln siedeln sich oft an den Eierstöcken, am Bauchfell oder sogar an Darm und Blase an. Genauso wie die Gebärmutterschleimhaut reagieren diese Herde auf die hormonellen Veränderungen im Zyklus: Sie wachsen, werden abgestoßen, können aber nicht wie normale Regelblutungen durch die Scheide abfließen. Dadurch kommt es zu Entzündungen, Verwachsungen und Zysten, die wiederum zu massiven Schmerzen führen können.
„Bei manchen Frauen wird Endometriose aufgrund uncharakteristischer Beschwerden oft gar nicht diagnostiziert, andere wiederum empfinden bedauerlicherweise die starken Schmerzen während ihrer Periode schon als Normalität“, erklärt Univ.-Prof. Dr. René Wenzl, Gynäkologe Leiter des Endometriosezentrums der MedUni Wien. Doch sind die Schmerzen während der Monatsblutung außergewöhnlich stark oder dauert die Regelblutung ungewöhnlich lange, sollte man Endometriose in Betracht ziehen. Auch Unterbauchschmerzen, die unabhängig vom monatlichen Zyklus vorkommen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder aber Beschwerden beim Wasserlassen oder Stuhlgang können darauf hindeuten.

Um gesichert festzustellen, dass es sich um Endometriose handelt, bedarf es einer gynäkologischen Untersuchung, bei der auch ein vaginaler Ultraschall durchgeführt werden muss. „Damit lassen sich die Herde in den meisten Fällen sicher diagnostizieren“, so der Experte. Sichtbar werden charakteristische Ultraschallbilder, die den eingebluteten Vernarbungsarealen oder blutgefüllten Zysten, sogenannten „Schokoladenzysten entsprechen“. Eine Bauchspiegelung, auch Laparoskopie, sollte wiederum nur in Ausnahmefällen erfolgen – dann aber mit der Möglichkeit, die Endometrioseherde dabei gleich operativ zu entfernen.
Eine kausale Heilung gibt es zwar nicht, aber verschiedene Behandlungsoptionen können die Beschwerden lindern:
- Hormonelle Therapie: Gestagene oder die Antibabypille unterdrücken das Wachstum der Endometriose-Herde.
- Schmerzmittel: Medikamente wie Ibuprofen oder Diclofenac helfen gegen akute Schmerzen.
- Chirurgischer Eingriff: Bei starken Beschwerden oder unerfülltem Kinderwunsch kann eine minimalinvasive Operation (Bauchspiegelung bzw. Laparoskopie) notwendig sein. Moderne Robotersysteme wie das da Vinci-Robotersystem erhöhen dabei die Präzision.
- Kinderwunschbehandlung: Falls die Endometriose das Eintreten einer Schwangerschaft erschwert, kann eine In-vitro-Fertilisation (IVF) helfen. Viele Frauen werden jedoch nach einer operativen Entfernung der Herde spontan schwanger.
Linderung durch Lebensstil
Auch der eigene Lebensstil kann sich positiv auf Endometriose auswirken. Regelmäßige Bewegung, Yoga oder Entspannungstechniken können helfen, Schmerzen zu reduzieren. Studien zeigen zudem, dass eine mediterrane Ernährung mit viel frischem Gemüse, Fisch und gesunden Fetten Entzündungsreaktionen abschwächen kann. „Das gibt den Betroffenen die Möglichkeit, aktiv etwas für ihre Gesundheit tun zu können“, betont Wenzl. Die gute Nachricht: Nach den Wechseljahren bildet sich die Endometriose meist zurück, da die hormonelle Stimulation entfällt. Bis dahin kann eine individuell angepasste Therapie helfen, Beschwerden zu lindern und die Lebensqualität zu erhöhen. Auch eine Schwangerschaft kann temporär die Symptome bessern.
Dennoch bleibt Endometriose für viele eine chronische Erkrankung mit möglichen Rückfällen. Wenzl: „Umso wichtiger ist, dass sie frühzeitig erkannt wird, damit gezielt behandelt werden kann und Betroffene nicht jahrelang unnötig leiden müssen.“
Sowohl in Australien als auch in Österreich forscht man derzeit an alternativen Methoden. Ein Forschungsteam hat unter dem Namen „PromarkerEndo“ einen Bluttest entwickelt, der die Diagnose von Endometriose erheblich erleichtern könnte. Dabei identifiziert der Test zehn spezifische Proteine im Blut, die mit der Erkrankung in Verbindung stehen, und kann so alle Stadien der Endometriose mit hoher Genauigkeit nachweisen. Besonders bei schweren Fällen liegt die Genauigkeit laut Forschung bei nahezu 100 Prozent. Die Markteinführung in Australien ist für das Frühjahr 2025 geplant.
In Österreich sind vor einer möglichen Einführung des Tests mehrere regulatorische Schritte erforderlich, einschließlich einer Zulassung durch die europäischen Behörden. Derzeit wurde jedoch noch kein entsprechendes Verfahren eingeleitet, sodass unklar ist, wann der Test hierzulande verfügbar sein wird. Parallel dazu arbeitet ein Forschungsteam in Linz unter dem Projektnamen „DIAMENS“ an einem Schnelltest, der Endometriose anhand von Menstruationsblut diagnostizieren soll. Auch dieser Test könnte die bisher notwendige Diagnostik vereinfachen und die Diagnosezeit erheblich verkürzen. Bei erfolgreichem Verlauf der Testphasen könnte dieser bereits 2025 oder 2026 auf den Markt kommen.
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