Frauen mit großen Köpfen haben Geburtskanal für großköpfige Kinder

Vier Neugeborene liegen nebeneinander in weißen Stramplern mit Vogelmotiven.
Kleinere Frauen haben zudem einen runderen Geburtskanal als größere Frauen.

Der Geburtskanal von Frauen mit großen Köpfen ist so geformt, dass ihn Kinder mit großen Köpfen leichter passieren können. Das zeigten Analysen von 3D-Daten des Beckens von 99 Skeletten durch Wissenschafter der Universität Wien. Sie stellten dabei einen komplexen Zusammenhang zwischen Gestalt des Beckens, Körpergröße und Kopfumfang fest, berichten sie im Fachjournal "Pnas".

Im Gegensatz zu den anderen Primaten verläuft die Geburt beim Menschen sehr schwierig. Die Kopfe von Föten sind im Verhältnis zum engen Geburtskanal sehr groß. Hintergrund ist die menschliche Evolution. Im Zuge der Entwicklung des aufrechten Gangs veränderte sich auch die Form des Beckens, das schmäler wurde. In der weiteren Entwicklung des Menschen nahm auch das Gehirnvolumen stetig zu. Dadurch wurden die Köpfe der Föten größer, mussten aber weiterhin durch das bereits an den aufrechten Gang angepasste Becken geboren werden.

Geburtsverlauf

Die Folge sind Probleme im Geburtsverlauf, die bei drei bis sechs Prozent aller Geburten auftreten und für acht Prozent der mütterlichen Todesfälle verantwortlich sind, schreiben die Wissenschafter in ihrer Arbeit. Speziell in Entwicklungsländern mit schlechter medizinischer Versorgung und ohne Möglichkeit zum Kaiserschnitt ist die Mortalität bei der Geburt hoch.

Die Evolutionsbiologin Barbara Fischer, die in den vergangenen Jahren an der Universität Oslo gearbeitet hat und nun am Department für Theoretische Biologie der Uni Wien tätig ist, hat gemeinsam mit dem Anthropologen Philipp Mitteröcker 3D-Daten des Beckens sowie Daten von Kopf- und Körpergröße von 99 Skeletten analysiert und untersucht, ob die andauernde starke Selektion durch die Geburt Auswirkungen auf den Körperbau hat. Sie zeigten, dass Kopf- und Körpergröße mit der Gestalt des Beckens zusammenhängen.

Die Größe des Kopfes ist zum Gutteil genetisch bestimmt und wird daher vererbt. Frauen mit großen Köpfen bringen daher auch Kinder mit großen Köpfen zur Welt. Die Wissenschafter fanden bei diesen Frauen eine bisher unbekannte Anpassung: Ihr Kreuzbein ist kürzer, weniger gekrümmt und lässt so mehr Platz im Geburtskanal.

Kleine Frauen, große Frauen

Bei kleineren Frauen stellten die Forscher einen runderen Geburtskanal als bei größeren Frauen fest, deren Geburtskanal eher oval geformt ist. Auch diese Anpassung soll die Geburt erleichtern. "Die Evolution hat es aber offenbar nicht geschafft, mit dieser Anpassung den Nachteil kleinerer Frauen bei der Geburt zu kompensieren", sagt Fischer. Denn kleine Frauen haben im Vergleich zu größeren im Schnitt schwierigere Geburten und ein höheres Risiko für Komplikationen.

Die Väter würden bei der Selektion über den Geburtsvorgang keine Rolle spielen, betonen die Forscher in ihrer Arbeit. Ganz zu vernachlässigen sind sie aber dennoch nicht. Denn Frauen und Männer teilen sich sehr viele Gene, insbesondere auch jene für den Körperbau. "Der Selektionsdruck durch die Geburt besteht aber nur in einem Geschlecht. Ein enges Becken ist nur für Frauen von Nachteil, nicht aber für Männer", sagt Fischer.

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