Fünf Fragen zum kleinen Unterschied in der Medizin

Geschlechtsunterschiede und personalisierte Medizin rücken ins Blickfeld der Forscher.
Ein Kongress in Nürnberg beleuchtet die Unterschiede zwischen Patientinnen und Patienten.

Frauen ticken anders, Männer erst recht. Das gilt auch in gesundheitlichen Belangen. Am Wochenende widmet sich ein Kongress in in Nürnberg der Geschlechterforschung in der Medizin. Etliche Unterschiede können Auswirkungen auf den Verlauf einer Krankheit haben.

Besonders bei schweren Krankheiten müssen Ärzte das Geschlecht der Patienten nach Ansicht von Experten stärker berücksichtigen. So würden Männer ihre Gefühle weniger deutlich wahrnehmen und weniger kommunizieren als Frauen. Doch es gibt noch mehr Unterschiede.

Fünf Fragen zur Genderforschung in der Medizin - und die Antworten dazu:

Können Frauen schwere Erkrankungen besser verkraften als Männer?
„Krebserkrankungen werden oft unterschiedlich bewältigt“, sagt Prof. Wolfgang Söllner, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg. Während Frauen häufiger mit schweren Ängsten, Depression und chronischer Müdigkeit reagieren, steht für Männer der Wunsch nach Autonomie und Kontrolle im Vordergrund. Es gilt laut Söllner das Muster: „Frauen wollen reden, Männer wollen handeln.“

Sind Frauen tatsächlich vor Herzinfarkten geschützt?
Frauen erleiden bis zu den Wechseljahren seltener einen Herzinfarkt als Männer. Mediziner sehen den Grund in einem Hormon, das Frauen bis dahin vor einem Infarkt schützt – aber eben nicht immer. Die Gefahr: Frauen unterschätzen die typischen Symptome, wie Stechen im Brustbereich. Und sie haben bei einem Herzinfarkt häufiger auch unspezifische Symptome, zum Beispiel Schmerzen im Oberbauch.

Wirken Medikamente anders auf Frauen als auf Männer?
Pharmakologen beantworten die Frage eindeutig mit "Ja". Beispiele gibt es genug: Beim bestimmten Schlafmitteln bauen Frauen den Wirkstoff langsamer ab, was am Morgen nach der Einnahme noch zu eingeschränktem Reaktionsvermögen führen kann. Schmerzmittel wirken bei Frauen oft schlechter und kürzer als bei Männern. Beruhigungsmittel haben dagegen bei Frauen offenbar einen längeren und intensiveren Effekt.

Wer nimmt mehr Medikamente: Frauen oder Männer?
Für eine Nürnberger Studie wurden Patienten in der Notaufnahme gefragt, welche Medikamente sie einnehmen – auch nicht verschreibungspflichtige. Das Ergebnis: Frauen nahmen prinzipiell mehr Medikamente ein, die sie sich selbst in der Apotheke besorgten. Einen auffälligen Unterschied gab es bei den sogenannten Stimmungsaufhellern: Der Anteil an Patienten mit Antidepressiva lag bei den Frauen bei 20 Prozent, bei den Männern bei 12 Prozent.

Spielt bei der Behandlung von Krankheiten auch die Herkunft des Patienten eine Rolle?
„Die Wirksamkeit von Wirkstoffen kann davon abhängen, aus welcher Region der Welt die eigenen Vorfahren kommen“, betont Pharmazeutin Sattler. Bei Japanern kann etwa das Enzym, das für die Verstoffwechselung von Alkohol zuständig ist, weniger häufig vorhanden sein – entsprechend muss die Dosis bestimmter Medikamente angepasst werden. Deshalb sei neben der Geschlechterforschung auch zunehmend die personalisierte Medizin auf dem Vormarsch.

Kommentare