Experiment: Ohne Plastik leben

Eine Familie sitzt vor einem Haus, umgeben von zahlreichen Gegenständen für einen Flohmarkt.
Eine Familie hat radikal auf Kunststoffe verzichtet. Die Schadstoffbelastungen im Körper hat es kaum beeinflusst.

Sandra Krautwaschl war frustriert und sauer, nachdem sie den Film „Plastic Planet“ gesehen hatte. Denn der zeigte schonungslos die Gefahren von Plastik und synthetischer Kunststoffe für den Menschen auf. „Wir sitzen einer Werbemaschinerie auf“, schreibt sie in ihrem Blog (www.keinheimfuerplastik.at). Und sie beschloss, einen Monat lang plastikfrei zu leben.„Alle haben gesagt: ,Das geht nicht!’“, erinnert sie sich. Jetzt, fast sieben Jahre später, präsentieren Forscher der MedUni Wien, die Krautwaschl und ihre Familie begleitet haben, erstmals Ergebnisse ihr „Es-geht-doch-Experimentes“.


Die „Plastik-Fastenkur“ bringt wenig bei der Vermeidung von Schadstoffbelastungen, sagen die Umweltmediziner, nachdem sie am Beginn und nach zwei Monaten Harnproben analysierten.

Einzigartiges Experiment

Die steirische Familie hatte ab Mitte November 2009 begonnen, sich von Kunststoffen im eigenen Haus zu befreien, ein weltweit bisher einzigartiges Experiment. Alle Kunststoffprodukte des täglichen Lebens wurden – soweit es möglich war –durch entsprechende kunststofffreie Produkte ersetzt. Bis hin zu Zahnbürsten aus Holz mit Schweineborsten. Zugleich wurde radikal darauf geachtet, Lebensmittel nur dann zu essen, wenn sie vorher nicht oder nur kaum mit Kunststoff in Berührung gekommen waren.

„Die Kunststoffproblematik ist äußerst vielfältig; Es betrifft Zusatzstoffe wie Weichmacher (Anm.: Phthalate), aber auch Flammschutzmittel, Duft- oder Farbstoffe. So können Phthalate bereits in sehr geringen Konzentrationen essenzielle biologische Prozesse wie Enzymaktivitäten oder das Hormonsystem beeinflussen“, schreibt Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der MedUni Wien am Mittwoch in einer Aussendung der MedUni. „Mit dieser Humanbiomonitoring-Studie wollten wir klären, ob sich durch einen radikalen Verzicht die innere Belastung verändert.“

Zu Beginn des Experiments und nach einer zweimonatigen Zeit mit privater Kunststoffvermeidung – in Arbeit und Schule war das nur in weitaus geringerem Ausmaß möglich – wurden 14 gesundheitsrelevante Phthalat-Metabolite und Bisphenol A (BPA) im Morgenharn gemessen. Das Ergebnis: Selbst wenn auf privater Ebene jede mögliche Berührung mit Kunststoffen vermieden wird, bleibt eine bestimmte innere Belastung bestehen, die Gesundheitseffekte sind eher gering. Hutter: „Das Experiment und die Studie zeigen: Wir haben keine Chance, dieser Belastung zu entkommen.“ Kunststoff-Vermeidung ist daher vor allem ein Beitrag zum Ressourcen- und zum Umweltschutz.

Info: 2012 hat Sandra Krautwaschl auch ein Buch über ihr Leben ohne Plastik geschrieben. "Plastikfreie Zone" ist im Heyne-Verlag erschienen.

Kommentare