Diesel so gefährlich wie Asbest und Senfgas
Asbest, Arsen, Senfgas gelten als tödliche Stoffe – alle drei zählen zur Kategorie "krebserregend". Jetzt wird auch Diesel in einem Atemzug mit dem Trio infernal genannt. Die Weltgesundheitsorganisation ( WHO) hat Dieselruß-Emissionen bei einem Expertentreffen nun als krebserregend eingestuft – zuvor galten sie noch als "möglicherweise krebserregend".
Dieselruß-Emissionen enthalten besonders viele Kleinstpartikel, die über die Atemluft in das Lungenzwischengewebe bis in den Blutkreislauf eindringen und von dort nur schwer wieder entfernt werden können. Die Expertengruppe hat Belege gefunden, dass sie Lungenkrebs verursachen können. Nicht nur: Auch eine Verbindung zu Blasenkrebs existiert.
Doch was bedeutet das konkret – ist ein Stadtbummel gesundheitlich bedenklich? Univ.-Prof. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene an der MedUni Wien klärt auf: "Nein, einer natürlich nicht. Dieselruß ist langfristig krebserregend, wenn ich ihn jeden Tag einatme."
Das komme vor allem auf die Bedingungen im persönlichen Umfeld an. "Je mehr Feinstaub hier in der Luft liegt, desto höher ist das Lungenkrebsrisiko. Der ultrafeine Staub dringt tief in den Körper ein und bewirkt eine chronische Entzündung. Diese kann über die Jahre zu Krebs führen." Ein viel akuteres Risiko sieht Neuberger für Herzinfarktpatienten. US-Studien hätten gezeigt, dass Diesel-Abgase bei dieser Patientengruppe bereits innerhalb einer halben Stunde negative Auswirkungen zeigen.
Die Studien, auf die sich die WHO stützt, betreffen gefährdete Berufsgruppen wie Minenarbeiter, Eisenbahner und Lkw-Fahrer. Demnach haben diese ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken. "Das wissen wir schon sehr lange – die Gefahr wurde nur leider immer wieder heruntergespielt", sagt der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter dazu. "Stattdessen wurde Diesel sogar steuerlich bevorteilt."
Partikelfilter
Eine Besserung bringen immerhin Partikelfilter. "Man sollte überhaupt keine Autos ohne Partikelfilter mehr fahren lassen. Bei uns hat sich noch niemand durchgerungen wie in Deutschland Umweltzonen einzurichten. Das würde zumindest eine Reduktion bringen", sagt Neuberger. Laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) gibt es bundesweit rund 2,5 Millionen Diesel-Autos – mehr als 1,5 Millionen davon haben aber keinen serienmäßig eingebauten Filter. "Bei den nachträglich eingebauten Filtern sind leider viele am Markt, die ungenügend wirken", gibt Neuberger zu bedenken.
Grundsätzlich würden Benziner weniger Feinstaub und Stickoxide abgeben als Diesel-Motoren. Auch die WHO bewertet Benzin-Abgase weiterhin mit "wahrscheinlich krebserregend". Neuberger: "Ein Diesel mit Partikelfilter schneidet dennoch besser ab als ein Benziner mit Direkt-Einspritzung ohne Partikelfilter."
Das höchste Lungenkrebsrisiko geht allerdings weiterhin von Zigaretten aus: "In stark befahrenen Gegenden gibt es zwar unabhängig von den Rauchgewohnheiten erhöhte Lungenkrebsraten, aber das Rauchen macht natürlich noch immer den höchsten Anteil aus", sagt der Umwelthygieniker. "Am kritischsten für das Krebsrisiko ist folglich die Kombination von Rauchen, bzw. Passivrauchen und stark befahrenen Straßen."
"Feinstaub durch Holzheizung katastrophal"
Im Sinne des Klimaschutzes werden immer mehr Haushalte von Ölheizungen auf erneuerbare Energieträger umgestellt, um den Ausstoß von zu reduzieren. Besonders beliebt sind Holzheizungen. Allerdings warnt der Umwelthygeniker Univ.-Prof. Manfred Neuberger: "Wir müssen natürlich etwas für den Klimaschutz tun, aber nicht , indem wir andere Luftschadstoffe produzieren, die jetzt schon Todesfälle verursachen. Wenn alle Ölöfen durch Holzöfen ersetzt werden, ist der daraus entstehende Feinstaub eine gesundheitliche Katastrophe."
Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hat schon 2007 Obergrenzen für Staubemissionen empfohlen – nur blieben diese von der Politik ignoriert. "Heizanlagen mit viel zu hohen Grenzwerten bekommen noch immer das Umweltgütezeichen", sagt Neuberger. Messungen hätten gezeigt, dass in Städten zwar der Straßenverkehr noch immer der größte Verursacher von Feinstaub ist – an zweiter Stelle steht aber gleich der Holzrauch.
"Man darf nicht aufs falsche Pferd setzen", mahnt Neuberger. Pellet-Heizungen seien besser – das Feinstaubproblem sei außerdem durch Filter oder mit einem besseren Kessel gut zu lösen. "Es gibt auch viele andere Möglichkeiten wie bessere Isolierung, Erdwärmenutzung oder Solarförderung."
Kommentare