Wenn die Diagnose Krebs das Leben verändert

Eine Frau mit blonden Haaren verdeckt ihr Gesicht mit den Händen.
Diagnose Krebs: Wie offen Betroffene damit umgehen, ist individuell. Jeder soll seinen eigenen Weg gehen dürfen.
Pro Jahr werden in Österreich rund 37.000 Menschen mit der Diagnose Krebs konfrontiert. Für die Betroffenen ein Schock, der das Leben schlagartig verändert und eine große Bandbreite von Gefühlen erzeugt - von der Ungewissheit, über die Angst zu Verzweiflung und Ohnmacht. Nicht jeder hat die Kraft - wie heute Barbara Prammer - mit seiner Diagnose so offensiv umzugehen. Die Gesundheitspsychologin Dr. Gabriele Traun-Vogt erläutert, was Menschen, die mit der Diagnose Krebs konfrontiert werden, brauchen: "Im ersten Moment soll man sich nur auf die Gesundwerdung konzentrieren und die Behandlungen in Ruhe durchführen. Man braucht einen Arzt, dem man unbedingt vertrauen kann, mit dem man gemeinsam die Behandlung planen und einen Weg entwickeln kann." Hingegen seien Tipps, Ratschläge und Erfahrungsberichte von Freunden eher kontraproduktiv. Sie sind zwar gut gemeint, verwirren und verunsichern allerdings. Auf wen man in solchen Momenten hören soll? "Auf sich selbst und den kompetenten Arzt."
Über die Diagnose sprechen - samt "Gebrauchsanweisung"
Egal, ob in Familie oder Arbeitsumfeld: Wenn man die Diagnose publik macht, soll man gleichzeitig eine Gebrauchsanweisung geben, da die meisten nicht wissen, wie sie mit einem Betroffenen umgehen sollen. „Ich will so behandelt werden, als wäre alles normal“ oder „mit Mitleid kann ich gar nichts anfangen“ sind klare Ansagen, die den Umgang mit Patienten enorm erleichtert. Traun-Vogt: "Ansonsten wird es so, dass der Kranke sich am Ende um die Befindlichkeiten der Gesunden kümmert." Wichtig ist, deutlich zu machen, dass man Rückzugszeit braucht - und Zeit für sich. Dieser Wunsch sollte von allen respektiert werden.
Und was, wenn jemand - wie Barbara Prammer - in der Öffentlichkeit steht? Die Expertin: "Es ist immer schwierig, weil man nicht abschätzen kann, was zurückkommt. Außerdem kann man es nicht mehr zurücknehmen. Man läuft Gefahr, ständig darauf angesprochen zu werden. Betroffene werden oft in eine Vorbildrolle gedrängt, müssen tapfer sein, selbst wenn sie gerade mal bedürftig sein möchten und Hilfe benötigen."
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Wicke
Dr. Gabriele Traun-Vogt
Grundsätzlich gibt es keine universelle Formel, jeder findet seinen eigenen Weg. Manche Patienten sind offen, erzählen es jedem nach dem Motto „Das gehört jetzt zu mir“. Bei anderen weiß es nur der Ehepartner. Fakt ist: Nach der Diagnose wird der Patient von Gefühlen der Angst und Unsicherheit übermannt. Erst wenn sich diese gelegt haben, sollte man darüber nachdenken, wem man es erzählt. In erster Linie soll man behutsam mit sich selbst umgehen und sich im eigenen Leben in den Vordergrund stellen. Andere Institutionen und Menschen gehören nun in die zweite Reihe.
Kinder mit der Diagnose konfrontieren?
Dazu sagt Traun-Vogt: "Grundsätzlich brauchen Kinder Ehrlichkeit. Ihnen etwas vorzuspielen oder sich Ausreden auszudenken bringt gar nichts. Doch bevor man ihnen gegenüber mit der Sprache herausrückt, sollte man wieder Boden unter den Füßen haben." Die erste Welle der Unsicherheit muss vorbei sein. Die Krebshilfe bietet spezielle Hilfestellungen, etwa Broschüren zum Thema „Mama/Papa hat Krebs“ an.
Univ.-Prof. Christian Singer vom Brustgesundheitszentrum an der MedUni Wien betonte beim letzten KURIER Gesundheitstalk die Wichtigkeit einer umfassenden psychoonkologischen Betreuung: „Wir haben an unserem Brustzentrum zwei speziell ausgebildete Psychologinnen, die Patienten und ihre Angehörigen mit all ihren Sorgen betreuen. Das ist ganz entscheidend für eine gute Lebensqualität.“ Auf Dauer zählt, wie die Erkrankten mit ihrem Leiden umgehen. Deshalb sollte nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche mitbehandelt werden. Die Aufgabe von Psychoonkologen ist es, laut der Österreichischen Gesellschaft für Psychoonkologie "die Erhaltung bzw. Verbesserung der Lebensqualität jeder/s einzelnen PatientIn durch Förderung der eigenen psychosozialen Ressourcen und bestmöglicher Erhaltung der Autonomie zu ermöglichen." So werden Kräfte bei den Patienten frei, die sie im Umgang mit ihrer Krankheit und deren Therapie gut brauchen können.

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