Zwist um Bahn-KV: Züge bis zu einer Stunde verspätet

Eine Gruppe von Menschen steht vor einem roten ÖBB-Zug.
Vor allem Westbahnstrecke betroffen. Gewerkschaft wollte auf "Provokation" der Arbeitgeber reagieren.

Die Eisenbahnergewerkschaft machte am Montag in den stockenden Kollektivvertragsverhandlungen (siehe unten) Druck und hielt in Salzburg Betriebsversammlungen ab. Zugausfälle und Verzögerungen im Bahnverkehr waren die Folge. Falls es zwischenzeitlich zu keinem weiteren Verhandlungstermin kommt, werden kommenden Donnerstag weitere Betriebsversammlungen in Linz und Graz, sowie am Montag in Innsbruck stattfinden, kündigte vida-Gewerkschaftssprecher Hansjörg Miethling an.

Eine Karte, die Zugausfälle im Großraum Salzburg aufgrund von Gewerkschaftsversammlungen zeigt.
Aufgrund der Betriebsversammlungen zwischen 11 und 12 Uhr kam der Bahnknoten Salzburgzum Stillstand. Betroffen waren daher Züge von Bregenzbzw. Münchenmit jeweils über 50 Minuten Verspätung. Aber auch amWiener Westbahnhofwurden Verspätungen bei der Abfahrt von bis zu 50 Minuten angezeigt. In Klagenfurtkam es zu ähnlich großen Verspätungen. Grund war dort allerdings ein Kupferkabeldiebstahl zwischen Glanegg und Liebenfels - ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet. Die Unregelmäßigkeiten dauerten aufgrund des "Rückstaus an Zügen" noch bis zum frühen Nachmittag an.

Kunden, welche die Reise nicht antraten, werde der Ticketpreis rückerstattet, versprachen die ÖBB auf ihrer Störungsseite. Außerdem war der Ticketkauf im Zug ohne Aufpreis möglich. Um die Wartezeiten zu verkürzen, wurde in den Zügen und an den Bahnsteigen kostenloses Mineralwasser verteilt. Aktuelle Störungsmeldungen der ÖBB finden Sie hier.

In einem Flugblatt, dass auch die ÖBB auf einer Präsenz in einem Sozialen Netzwerk hochgeladen haben, ersuchte die Gewerkschaft Bahnfahrer um ihr Verständnis für Verspätungen bzw. Zugausfälle.

"Provokation der Sonderklasse"

Ein Mann spricht in ein Mikrofon und gestikuliert mit der Hand.
APA12743518 - 15052013 - WIEN - ÖSTERREICH: Vida-Gewerkschafter Roman Hebenstreit am Mittwoch, 15. Mai 2013, während einer Betriebsversammlung am Gelände der ÖBB Technische Services in Wien. Die Eisenbahnergewerkschaft kämpft für eine Arbeitszeitverkürzung auf 38,5 Stunden, die Arbeitgeberseite in der Wirtschaftskammer hat dies bisher abgelehnt. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
"Die Kompromisslosigkeit der Arbeitgeber zwingt uns zu diesen Maßnahmen", sagte vida-Gewerkschafter und ÖBB-Konzernbetriebsratschef Roman Hebenstreit. Das Angebot der Arbeitgeber, das nach sechs Runden am Tisch liege, würde einen Reallohnverlust für die Gewerkschafter bedeuten. Bei der letzten Verhandlungsrunde am Freitag sei es zu einer " Provokation der Sonderklasse" gekommen, denn nunmehr wollten die Arbeitgeber bei den Ist-Löhnen nicht einmal mehr um 2,2 Prozent, sondern nur mehr um 1,8 Prozent erhöhen.

Man führe keine Steuerdebatte, sondern Lohnverhandlungen. Allerdings steige die Sensibilität innerhalb der Gewerkschaften, dass man bei Lohnverhandlungen immer mehr den "Bonus des Finanzministers" verhandle, so Hebenstreit zum Vorwurf der Arbeitgeberseite, dass die Gewerkschaft eine Lohnsteuerreform-Debatte in die KV-Verhandlungen hineingetragen habe.

Verhalten zeigte sich Hebenstreit zur Frage, ob es auch zu einem Eisenbahnerstreik kommen könnte. Dazu gebe es "noch keine Beschlüsse", so der Spitzengewerkschafter.

"Wir haben das Geld nicht"

Arbeitgeber-Chefverhandler und Schienenverkehrs-Fachverbands-Obmann Thomas Scheiber wirft der Eisenbahner-Gewerkschaft vor, mit den Betriebsversammlungen eine Kampagne zu fahren. Einen Verhandlungstermin zur Fortsetzung der Kollektivvertragsgespräche zu finden, das sei nie das Problem. "Aber was soll man besprechen?" Die Forderungen der Arbeitnehmer hießen unter dem Strich mehr als das Doppelte dessen, was in den letzten Monaten in dieser Branche abgeschlossen worden sei. Scheiber hat auch "kein Verständnis für die ganzen Verspätungen, wo der Bürger doppelt zahlt: Zuerst die Fahrkarte und dann über die Steuer den Rest."

Würden Nettolohnforderungen gestellt, die brutto mehr als 5 Prozent ausmachten,"können wir das nicht stemmen." Die Unternehmen im Fachverband Schienenbahnen seien zu 90 Prozent die ÖBB. "Es ist Steuergeld bitte", sagt Scheiber. "Solange unsere Vorschläge nicht ernsthaft diskutiert werden, sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels." Der Abstand zwischen Arbeitgeberangebot und Arbeitnehmerforderung sei derzeit jedenfalls viel zu groß. "Wir haben das Geld nicht".

ÖVP-Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger drängt auf Reformen bei den ÖBB, denn diese seien einer der großen Kostentreiber im Budget. Gefordert sei etwa ein modernes Dienstrecht, um das Pensionsantrittsalter zu erhöhen, so Spindelegger bei einer Pressekonferenz am Montag, die er gemeinsam mit Agrarminister Andrä Rupprechter absolvierte.

Der Finanzminister verwies auf das angespannte Budget und hob die Aufwendungen für die ÖBB aus Bundesmittel hervor. Aus dem Bundesvoranschlag 2014 etwa gehen Aufwendungen in der Höhe von 5,3 Milliarden Euro hervor. Diese steigen im Jahr darauf auf 5,6 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass die ausgelagerten Einheiten ab September die Staatsschulden erhöhen - die ÖBB-Infrastruktur sorgt für eine Erhöhung um rund 10 Milliarden Euro, so Spindelegger.

Er betonte zwar ein "klares Bekenntnis" zum Bahnausbau, der "effiziente Einsatz" der Mittel sei aber notwendig. Umso dringender müsse man das "Reformwerk ÖBB gehörig in Angriff nehmen". Einmal mehr verwies der Vizekanzler auf das Pensionsantrittsalter von 53,9 Jahren bei den Bundesbahnen und ortet hier "Handlungsbedarf". Dies sei auch eine "atmosphärische" Frage, beläuft sich das Antrittsalter etwa im Bundesdienst auf 60,5 Jahre.

Rupprechter gab Rückendeckung

Rupprechter war als "Spiegelminister" von Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) geladen und betonte gleich eingangs, sein rot-gefärbtes Gesicht rühre nicht von einem politischen Gesinnungswandel, sondern von einer Almwanderung. Ebenfalls hielt er fest, dass es nicht um "schwarz-weiß ÖBB-Bashing" gehe, wie es bereits Tradition gehabt habe, sondern darum, das Reformpotenzial konstruktiv zu heben. Er schlug hierzu ein mehrere Punkte umfassendes Papier vor, durch deren Umsetzung eine Milliarde Euro pro Jahr eingespart werden könnte.

Neben dem neuen Dienstrecht schlug er etwa den Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen wie Kraftwerken vor. Überdenken sollte man auch das "sehr teure" Annuitätensystem (30 Prozent Einsparungspotenzial) und die Holdingstruktur. Die drei großen Tunnelprojekte werden jedenfalls nicht infrage gestellt. Das Thema Pensionen soll etwa der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal genauer analysieren. Auf Basis dieser Ergebnisse will Rupprechter dann die konkreten Vorschläge mit Bures diskutieren. Mit dieser habe er überhaupt ein gutes Gesprächsklima, so der Minister: "Ich bin ja auch für den Klimaschutz zuständig." Er sei diesbezüglich auch mit ÖBB-Chef Christian Kern in Kontakt.

Apropos Klima, Spindelegger erklärte auf die Frage nach dem Zustand in der Koalition: "Vom Ende der Koalition kann keine Rede sein." Einmal mehr betonte er weiters: "Eine Steuerreform auf Pump mache ich nicht." Was die Frage nach Einsparungspotenzial bei Landwirtschaftsförderungen betrifft, verwies der Finanzminister auf die bereits gestarteten Budgetgespräche zur Jahresmitte. Hier gebe es von Rupprechter auch entsprechende Vorschläge.

Für Einsparungen bei den Beamten sieht GÖD-Chef Fritz Neugebauer, Parteifreund Spindeleggers, wenig Spielraum, das hielt dieser am Montag in einem Standard-Bericht bereits fest. "Ich bin nicht der Beamtenminister", aber grundsätzlich seien die Punkte aus dem Regierungsprogramm anzugehen. "Wichtiger" seien ihm aber ohnehin die "großen Brocken", so Spindelegger mit Verweis auf das PK-Thema.

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