Zweiter Arbeitsmarkt wird wichtiger

Zweiter Arbeitsmarkt wird wichtiger
DSE-Präsident Wojcik: Nicht alle Langzeitarbeitslosen sind in den ersten Arbeitsmarkt integrierbar.

Die triste Lage auf dem österreichischen Arbeitsmarkt führt dazu, dass immer mehr Menschen länger ohne Beschäftigung bleiben. Ende August gab es fast 148.000 Langzeitbeschäftigungslose (länger als 1 Jahr arbeitslos), um 27.000 mehr als vor einem Jahr. Die Hälfte des Anstiegs entfiel auf Wien, wo es ein Plus von 13.000 auf knapp 64.000 Betroffene gab. Am stärksten betroffen sind Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Ausländer sowie über 50-Jährige.

Zweiter Arbeitsmarkt wird wichtiger
Nicht alle dieser Langzeitbeschäftigungslosen würden ein Job-Comeback schaffen, meint Walter Wojcik, Präsident des Wiener Dachverbandes sozial-ökonomischer Einrichtungen (DSE). Er unterstreicht die Wichtigkeit des so genannten zweiten Arbeitsmarktes. Dieser umfasst zeitlich befristete und geförderte Arbeitsplätze in sozial-ökonomischen Betrieben oder gemeinnützige Beschäftigungsprojekte. Deren Ziel ist es primär, Langzeitbeschäftigungslose wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen.

„Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass es Menschen gibt, die der Norm-Arbeitskraft nicht entsprechen“, so Wojcik. Der sich rasant verändernder Arbeitsmarkt spüle immer mehr Menschen an den Rand der Leistungsgesellschaft. Wojcik spricht von „Nicht-Integrierbaren“, für die es auch andere Formen einer dauerhaften Beschäftigung geben müsse.

Psychische Erkrankungen

So seien die Fälle psychischer Erkrankungen - Stichwort „Burn-Out“ – zuletzt „sprunghaft angestiegen“, auch für Menschen knapp vor der Pensionierung sei die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt extrem schwierig.

Wojcik fordert flexiblere Übergangsmöglichkeiten in die Pension (etwa Teilzeit-Arbeit + Teilzeit-Pension) und mehr Kooperationen zwischen ersten und zweiten Arbeitsmarkt. Angesichts der schwierigen Lage am Arbeitsmarkt dürften die sozial-ökonomische Einrichtungen nicht ausgehungert werden, so Wojcik, der auch über hohe bürokratische Hürden klagt. Die Fördergelder kommen von AMS, Stadt Wien und dem Europäischen Sozialfonds (ESF).

Das AMS hat zuletzt Budgets umgeschichtet, was dazu führte, dass die Anzahl der geförderten Personen in sozio-ökonomischen Betrieben oder gemeinnützige Beschäftigungsprojekten um 32 Prozent auf rund 17.000 Personen zurückging. Der DSE repräsentiert die Interessen von 32 sozialen Unternehmen mit 45 Projekten in Wien. Beispiele sind Michl's Cafe, Inigo, das Reparatur- und Servicezentrum R.U.S.Z, "fix und fertig" oder Job-TransFair.

Perspektive 50plus

Die alljährliche DSE-Jobmesse steht heuer unter dem Motto "Perspektive 50plus" und findet am 29. September 2015 von 10 bis 15 Uhr in der Volkshalle des Wiener Rathauses statt. Rund 30 sozialintegrative Betriebe stellen ihre Angebote vor. Zusätzlich sind das AMS Wien, das Sozialministeriumservice, die Schuldnerberatung des Fonds Soziales Wien, die MA 40 (Sozialamt) und der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff) mit Infoständen vertreten.

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