Wo selbst Österreich wie ein Schlaraffenland dasteht

Frankreich: Das Arbeitsrecht ist ein "Albtraum" – das Land aber laut Investoren viel besser als sein Ruf.

Ein „Desaster“, ein „Albtraum“ – Frankreichs Arbeitsrecht ist aus Sicht österreichischer Investoren schwer reformbedürftig. Kündigungen seien fast unmöglich, kritisiert Kari Kapsch, Vorstand der Kapsch AG: „Da sind wir in Österreich ein Schlaraffenland.“ In Frankreich gelten strenge soziale Kriterien: „Sie müssen junge Unverheiratete kündigen, die alten Verheirateten bleiben ihnen. So schafft man keine vernünftige Personalstruktur.“

Der strenge Schutz habe aber auch für Arbeitnehmer „perverse Effekte“, sagt Ernst Lemberger, der mit der Montana Holding eine „kleine Aerospace-Gruppe“ aufgebaut hat: 9 von 10 neuen Arbeitsverträgen seien befristet.

35 Stunden - auf dem Papier

Ein Mann mit Brille, Anzug und Krawatte lächelt in die Kamera.
BILD zu OTS - Dr. Kari Kapsch, CEO Kapsch CarrierCom
Generell sei die Grande Nation aber besser als ihr unternehmensfeindlicher Ruf, war der Tenor bei der Veranstaltung der französischen Botschaft mit der Wirtschaftskammer Österreich. Streiks und Fabrikbesetzungen: Ja, das komme vor. „Trotzdem sind meine französischen Unternehmen die mit Abstand profitabelsten“, so Lemberger. Die 35-Stunden-Woche existiere nur auf dem Papier. „Stimmt: Vor 9 Uhr ist selten wer da. Dafür treffen Sie die Mitarbeiter auch am Freitag noch um 18 Uhr. Versuchen Sie das in Österreich“, so Kapsch.
Ein Mann mit Brille und Anzug blickt in die Kamera.
Der französische Botschafter Pascal Teixeira da Silva besucht den KURIER. Wien, 16.01.2015
Der Botschafter in Wien, Pascal Teixeira da Silva, betonte Frankreichs Reformwillen. So werde etwa die Körperschaftssteuer bis 2020 von 33,25 auf 28 Prozent sinken. Der Staat werde die öffentlichen Finanzen sanieren - "weil es notwendig ist, finanziell und moralisch. Wir dürfen das nicht aus Mangel an Mut der nächsten Generation übertragen." Zwischen 2015 und 2017 würden 50 Milliarden Euro eingespart - in der Verwaltung, bei den Krankenkassen, den Gebietskörperschaften und den Sozialausgaben: "Das ist sehr ehrgeizig, aber es gibt keine Alternative."

Laut den Investoren gibt es noch andere Gründe, die für das Land sprechen: Die Verkehrsinfrastruktur, üppige Forschungsförderungen, gute Ingenieure. Und die Weltoffenheit. Kapsch: „Mit Franzosen in Indien zu arbeiten hat eine andere Qualität. Österreicher tun oft so, als wäre schon Budapest eine Weltreise.“

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