Wirtschaftsnobelpreis geht an Franzosen Jean Tirole

Ein Mann mit Brille gestikuliert während einer Präsentation.
Der 61-Jährige forscht an der Universität Toulouse zu den Themen Marktmacht und Regulierung.

Der französische Ökonom Jean Tirole bekommt den Nobelpreis für Wirtschaft 2014. Der 61 Jahre alte Forscher wird für seine Analysen über Marktmacht und Regulierung ausgezeichnet, erklärte die Jury.

"Der diesjährige Preis handelt vom Zähmen mächtiger Firmen", sagte der Ständige Sekretär der Wissenschaftsakademie, Staffan Normark. Tirole habe mit seinen Forschungen gezeigt, wie Märkte mit wenigen machtvollen Unternehmen verstanden und reguliert werden könnten. Der Franzose sei "einer der größten lebenden Ökonomen", sagte Jury-Chef Tore Ellingsen.

"Ich bin sehr, sehr dankbar", sagte Tirole in einer ersten Reaktion am Telefon während der Pressekonferenz in Stockholm. Er sei bewegt und fühle sich geehrt.

Tirole ist nach Maurice Allais (1988) und Gerard Debreu (1983) erst der dritte Franzose, der den begehrten Preis bekommt. Er lehrt an der Universität Toulouse. Zu Tiroles Arbeitsschwerpunkten gehören industrielle Organisation, Banken- und Finanzwesen sowie psychologische Aspekte der Wirtschaftswissenschaft. 2011 erhielt er die Ehrendoktorwürde von der Universität Mannheim.

Vita

Jean Tirole wurde 1953 im Troyes geboren. 1978 erlangte er einen Doktortitel in Mathematik an der Universität Paris-Dauphine, 1981 einen Ph.D. in Ökonomie am MIT in Cambridge, USA. Tirole ist Wissenschaftlicher Direktor am Institut d’Économie Industrielle, Toulouse School of Economics, Toulouse 1 Capitole University, France.

Kaum Frauen

Anders als die traditionellen Nobelpreise geht die Auszeichnung nicht auf das Testament des Dynamit-Erfinders Alfred Nobel zurück. Sie heißt deshalb nicht offiziell Nobelpreis. Die schwedische Reichsbank stiftete den Preis 1968. Ein Jahr später wurde er zum ersten Mal vergeben.

Meist waren die Preisträger seitdem US-Ökonomen (mehr dazu lesen Sie unten). In keiner anderen Disziplin gibt es weniger weibliche Preisträger: Bisher hat nur eine Frau den mit acht Millionen schwedischen Kronen dotierten Wirtschafts-Preis bekommen, der am 10. Dezember, dem Todestag Nobels, überreicht wird.

Die Wirtschafts-Supermacht USA ist auch bei den Wirtschafts-Nobelpreisen ein Schwergewicht. Von den bisher 74 Preisträgern hatten mehr als 50 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

2013 waren es gleich drei US-Wissenschaftler, die ausgezeichnet wurden. Die Ökonomen Eugene Fama, Lars Peter Hansen und Robert Shiller erhielten die Auszeichnung für ihre Forschungen zur Preisentwicklung von Aktien, Anleihen und Immobilien. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm mit.

Dagegen hat seit Beginn der Vergabe 1969 erst ein Deutscher den Preis bekommen: der Spieltheoretiker Reinhard Selten im Jahr 1994. Er musste ihn sich allerdings mit zwei US-amerikanischen Kollegen teilen. Aus Österreich war bisher kein Preisträger dabei. Der in Wien geborene Friedrich August von Hayek erhielt 1974 gemeinsam mit Gunnar Myrdal (Schweden) den Preis, allerdings für Großbritannien und nicht für Österreich.

Die ungleiche Verteilung wird vielfach kritisiert, hat aber einen einfachen Hintergrund: Die Wirtschaftswissenschaften an den US-Universitäten genießen einen hervorragenden Ruf. Dass die USA so gut abschneiden, liegt auch an der finanziellen Ausstattung der oft privaten Hochschulen. Diese bekommen hohe Summen aus Studiengebühren, Stiftungen, Kooperationen mit Firmen oder Schenkungen von Ehemaligen.

Herausragend unter den US-Unis in Sachen Wirtschaft ist Chicago. Von hier kommen zwei der drei letztjährigen Gewinner. Der wohl bekannteste Vertreter der sogenannten Chicagoer Schule ist Milton Friedman, der den Nobelpreis 1976 bekommen hatte. "Sie sind sehr auf die Forschung ausgerichtet", sagt Per Krusell, der Vorsitzende des Nobelpreis-Komitees, zum Erfolg Chicagos. "Bei ihnen geht es nicht um die Beratung von Regierungen. Bei ihnen geht es nicht um [...] leicht verdauliche Vorträge. Bei ihnen geht es um den Kern der wirtschaftlichen Forschung."

2014 - Jean Tirole (Frankreich) für seine Analysen zu Marktmacht und Regulierung.

2013 - Eugene F. Fama (USA), Lars Peter Hansen (USA) und Robert J. Shiller (USA). Die Drei wurden für ihre Methoden zur Beobachtung der Kursbildung an den Aktienmärkten ausgezeichnet.

2012 - Alvin E. Roth (USA) und Lloyd S. Shapley (USA). Beide entwickelten wichtige Erkenntnisse, wie man verschiedene wirtschaftliche Akteure zueinander bringt.

2011 - Christopher A. Sims (USA) und Thomas Sargent (USA). Ihr Gebiet: Modelle, mit denen sich das Wechselspiel von Inflation, Zinsen und Arbeitslosigkeit analysieren lässt.

2010 - Peter A. Diamond, Dale T. Mortensen (USA) und Christopher A. Pissarides (Großbritannien). Sie wurden für ihre Untersuchung von Marktmechanismen ausgezeichnet.

2009 - Elinor Ostrom (USA) und Oliver E. Williamson (USA). Sie haben gezeigt, "wie gemeinschaftliches Eigentum von Nutzerorganisationen erfolgreich verwaltet werden kann". Zu Williamson hieß es, er habe Modelle zur Konfliktlösung mithilfe von Unternehmensstrukturen entwickelt.

2008 - Paul Krugman (USA) für seine Forschungsergebnisse als Handelstheoretiker.

2007 - Leonid Hurwicz (USA), Eric S. Maskin (USA) und Roger B. Myerson (USA) für ihre Arbeiten über die Grundlagen der "Mechanischen Designtheorie".

2006 - Edmund S. Phelps (USA) für seine Analyse zum Verhältnis kurz- und langfristiger Effekte in der Wirtschaftspolitik.

2005 - Robert J. Aumann (Israel/USA) und Thomas C. Schelling (USA) für ihre Arbeiten zu Konflikt und Kooperation in der Spieltheorie.

2004 - Finn E. Kydland (Norwegen) und Edward C. Prescott (USA) für ihre "Beiträge zur dynamischen Makroökonomie".

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