Spionage-Skandal: Telekom im Visier

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz und Noch-Telekom-Chef Hannes Ametsreiter können gar nicht miteinander. Ametsreiter verzeiht Pilz wohl nie, dass der Aufdecker ihn im U-Ausschuss über die Korruptions-Vergangenheit des börsenotierten Konzerns, mit der Ametsreiter freilich nichts zu tun hatte, gnadenlos grillte.
Jedenfalls bekam Pilz keinen Termin, als er Ametsreiter seine Dokumente über die BND-Spionageaffäre in Deutschland und das Anzapfen von elf Transitleitungen der Telekom vorlegen wollte. Zuvor hatte Pilz ein Treffen mit dem Sicherheitschef der Telekom vereinbart, der aber auf Anweisung des Vorstands absagen musste. Pilz möge sich doch an den Kommunikationschef wenden. Da winkte der Grüne ab: "Ist doch keine Angelegenheit eines Pressesprechers, wenn ein Abgeordneter bei der Aufklärung eines Spionage-Skandals helfen will".

Zur Erinnerung: Der BND zapfte die Leitungen europäischer Telekom-Unternehmen im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA an und leiteten die Daten an die Amerikaner weiter. Die Angelegenheit wurde zur Staatsaffäre und beschäftigt in Deutschland einen Untersuchungsausschuss. Österreich, Belgien, die Niederlande und die Schweiz leiteten Ermittlungen ein. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft. Tatverdacht: "Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs".
Während andere Telekom-Anbieter wie die niederländische KPN sofort umfangreiche Untersuchungen starteten und auch schon Ergebnisse haben, reagiert die heimische Telekom bemerkenswert gelassen. Laut Telekomgesetz müssten die Kunden sofort informiert werden, wenn der Schutz ihrer Daten verletzt wurde. Ist bis heute nicht geschehen. "Wozu sollten wir auf breiter Basis informieren?" fragt Telekom-Sprecher Peter Schiefer. Wenigstens wurde mit "einzelnen Kunden mit sicherheitsrelevanten Themen" gesprochen. Der BND dürfe in Deutschland spionieren. An der Grenze ende die Kontrolle der Telekom über die Datenleitungen. Das sei nun mal so, da könne man nichts machen.Ist der Schutz ihrer Kunden der Telekom egal? Natürlich nicht, wird beteuert. Man biete den Kunden ja Verschlüsselungsprodukte an. Das Geschäft damit laufe ganz gut. Im Inland, versichert Schiefer, werde nicht angezapft, das habe man untersucht.Die Deutsche Telekom wurde in einem Schreiben höflich um Aufklärung ersucht. Die Antwort fiel erwartungsgemäß nichtssagend aus. Man sei rechtlich zur Zusammenarbeit mit dem BND verpflichtet und habe sich gesetzeskonform verhalten. Die Deutschen wollen "weder bestätigen noch dementieren, dass Verbindungen der Telekom Austria vom BND tatsächlich überwacht wurden". Nicht sehr hilfreich.
Und eine Schadenersatzklage gegen die Deutsche Telekom? "Welcher Schaden? Das ist nicht bezifferbar und außerdem schwierig, gegen geltendes Recht Schadenersatz einzufordern", argumentiert die Telekom Austria.
Pilz ist empört, "wie sich ein Konzern das alles so einfach gefallen lässt. Da stellt sich die Frage, ob die Telekom Austria Opfer oder Mittäter ist." Die Abschöpfung der Leitungen sei, argumentiert der Grüne, auch nach deutschem Recht illegal. Das zuständige G-10-Komitee "hätte eine Totalüberwachung der Telekom Austria (TA) nie genehmigt".
Am Montag starten die Grünen zur Telekom parlamentarische Anfragen an die Minister Schelling (Finanzen), Stöger (Infrastruktur) und an Mikl-Leitner. Pilz will unter anderem wissen, ob es im Vertrag zwischen TA und Deutscher Telekom eine "Geheimdienstklausel" gibt. Der KURIER bekam darauf von der Telekom keine Antwort.
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