Air Berlin greift bei NIKI durch

Zum Diskutieren hat Stefan Pichler, neuer Chef des schwer angeschlagenen Air-Berlin-Konzerns, wirklich keine Zeit. "Wir haben in der Vergangenheit viel zu viel geredet und zu wenig umgesetzt. Jetzt muss es schnell gehen", lautet die Devise im Management in Berlin. Pichler hat daher auch keine Lust, sich mit Konzerntöchtern aufzuhalten. Selbst wenn die von Ex-Formel-1-Weltmeister Niki Lauda gegründete Billig-Airline NIKI im Gegensatz zur Mutter Gewinne abliefert.
Der Wechsel im Chef-Cockpit von NIKI kam auch für Airline-Insider überraschend. Christian Lesjak, der noch unter Lauda als Vertriebschef in die Airline kam und nach dessen Abflug von den Deutschen zum Geschäftsführer befördert wurde, dürfte die Art und Weise, wie mit der Tochter in Wien in jüngster Zeit umgesprungen wird, gereicht haben. Der 43-jährige Kärntner geht wie berichtet im gegenseitigen Einvernehmen von Bord – sofort.
Lesjak, der mit NIKI eine Erfolgsbilanz hinlegte, muss schwer frustriert gewesen sein. Ohne Vorwarnung wurden beispielsweise Strecken gestrichen. Lesjak kündigte an, von Bratislava nach Brüssel und Palma de Mallorca zu starten. Nix da, beschied Berlin. Der Österreicher Wolfgang Prock-Schauer, Vorgänger von Pichler als Air-Berlin-Chef und jetzt wieder Chefstratege in der Gruppe, hatte die Expansion nach Bratislava noch persönlich abgenickt. Kopenhagen, Frankfurt und Moskau wurden gecancelt. Dafür darf NIKI nach Abu Dhabi abheben.
Unter Lauda war die NIKI-Flotte sehr jung. Neue Flugzeuge sind wesentlich effizienter und spritsparender. Neben Airbus A320 hatte NIKI eine Embraer-Flotte, ein optimaler Flugzeugtyp vor allem für den Aufbau neuer Strecken. Im Dezember zog Berlin die sieben Regionaljets (112 Sitze) ab und stellte dafür alte Airbus-Flieger der Mutter nach Wien. Darunter fünf Airbus A319, die vermutlich bei der schwer angeschlagenen Alitalia ausgemustert wurden. "Diese Flieger sind ineffizient und viel zu teuer. Unwirtschaftlich", urteilen Luftfahrtexperten.
Da hätte Lesjak dagegen halten müssen. Ist allerdings leicht gesagt. Als kleine Tochter tut man sich gegen die Konzernmutter naturgemäß schwer. Vor allem, wenn der neue Boss in Berlin derart unter Erfolgszwang steht und nicht lange fackelt. Der AUA geht es als Lufthansa-Tochter übrigens ähnlich.
Lesjaks Nachfolger Thomas Suritsch, 59, ist in der heimischen Luftfahrt-Szene ein alter Bekannter. Er war AUA-Urgestein und steuerte nach dem Abgang von Niki Lauda acht Jahre lang die damals von der AUA vollständig übernommene Lauda Air. Christina Hackl, 48, die mit Suritsch an Bord kommt und für den kommerziellen Bereich zuständig ist, war Vertriebschefin bei der AUA. Sowohl Suritsch als auch Hackl hatten beim harten Sanierungskurs der AUA keine fixen Sitzplätze mehr. Sie wurden von Prock-Schauer, der beide noch aus seiner langen AUA-Karriere kannte, zu Air Berlin geholt. Jetzt heißt es, retour nach Wien.
Anzunehmen, dass Pichler mit dem neuen NIKI-Duo nicht diskutieren muss. Lauda allerdings ist von den Managementqualitäten nicht so richtig überzeugt. "Rückblickend betrachtet waren weder Lesjak noch Suritsch in dem schwierigen Umfeld, in dem sich die Air Berlin befindet, eine Starbesetzung", ätzt der Airline-Gründer.
Bei Air Berlin ist jedenfalls dringender Handlungsbedarf. Die Airline-Gruppe, die seit 2011 finanziell von Etihad Airways (Abu Dhabi) über Wasser gehalten wird, flog im Vorjahr mit rund 387 Millionen Euro den größten Verlust ihrer Unternehmensgeschichte ein.
NIKI ist nach wie vor profitabel (Zahlen nennt Air Berlin nicht) und steigerte 2014 die Passagierzahl um 10 Prozent auf 4,9 Millionen. Die Kosten sind wesentlich niedriger als bei Air Berlin. Ober-Boss Pichler hat mit der Billig-Tochter angeblich hochfliegende Pläne und will NIKI auf defizitären Air-Berlin-Strecken in Europa einsetzen.
Kommentare