Russen bleiben aus, andere Gäste kommen in Scharen

Wien konnte im Mai einen neuen Nächtigungsrekord verbuchen – trotz des Fernbleibens vieler Gäste aus Russland. 1,277.000 Nächte verbrachten Reisende im Mai in Wien, ein Plus von 2,8 Prozent im Vergleich zu 2013.

Vom Nächtigungszuwachs profitierten alle Hotelkategorien bis auf Drei-Sterne-Häuser. Die durchschnittliche Bettenauslastung stieg auf 63,7 Prozent (Mai 2013: 62,9 Prozent), die Zimmerauslastung von rund 80 auf rund 81 Prozent. Dabei hatten die Gäste ein bisschen mehr Auswahl: 300 Betten mehr standen zur Verfügung. Auch der Gesamttrend seit Beginn des Jahres ist positiv: Vergleicht man die Gästezahlen von Jänner bis Mai, steigerte sich die Anzahl der Nächtigungen um 5,5 Prozent.
Guter Start
Auch der Netto-Nächtigungsumsatz, der bisher für die Monate Jänner bis April vorliegt, verheißt ein gutes Tourismus-Jahr. 169,2 Millionen Euro nahmen die Wiener Hoteliers 2014 bisher ein, was gegenüber dem ersten Jahresdrittel 2013 eine Steigerung um 7,6 Prozent ergibt.
Das Ausbleiben russischer Touristen in Wien trifft vor allem die Luxusbranche, steigen doch die Gäste aus dem Land gerne in Fünfsternhotels ab und fliegen auf teure Uhren und Schmuck. Der Grund für den Nächtigungseinbruch im Mai liegt nicht nur an der Ukraine-Krise, sondern auch an der massiven Abwertung des Rubel. In der verwöhnten Luxusbranche hofft man dennoch auf einen baldigen Aufschwung.
"Das ist eine alte Erfahrung im Tourismus. Wenn es in einem Land Konflikte gibt, sinkt der Reisewunsch. Bei so viel Unsicherheit geht man nicht gerne von zu Hause weg", sagte Vera Schweder vom Wien Tourismus. Die schwache Währung tue ihr übriges.
Wien wird nicht nur von Oligarchen besucht, sondern auch von weniger reichen Russen. "Der Mittelstand hat Wien schon längst entdeckt." Auch sie seien sehr auf Luxusprodukte aus, freilich nicht im selben Ausmaß. "In Wien können sie sich sicher sein, keine Fälschungen zu bekommen", so Schweder.

Auch Florian Jonak, Betreiber der Boutiquen von Hermes, Dolce & Gabbana, Versace und Armani in der Wiener City, ist zuversichtlich. Statt von einer "Katastrophe" will er höchstens von einer "Delle" sprechen. "Wir rechnen damit, dass das noch die nächsten sechs Monate anhält", sagte er. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass es etwa ein halbes Jahr braucht, bis Menschen in Krisenregionen "lernen damit zu leben".
Für die Luxusgeschäfte in der Wiener Innenstadt (Kohlmarkt, Graben, "Goldenes Quartier") zählen reiche Russen und Ukrainer zu den wichtigsten Kundengruppen, wenngleich Chinesen seit kurzem aufholen. "Asiaten kaufen immer mehr europäische Mode. Vergleichsweise ist das aber noch auf geringem Niveau", so Jonak.
Luxushotellerie in Sorge

Wien sticht mit dem hohen Russen-Anteil bei seinen Touristen heraus. In Gesamtösterreich betrug der Anteil der russischen Gäste an den Ausländerherkünften laut Wirtschaftskammer 2013 2,1 Prozent. Damit lag Russland auf Platz neun bei den Herkunftsländern, Österreich nicht eingerechnet.
Kommentare