„Wettbewerb muss auf Leistung beruhen, nicht auf Prinzipien“
Die neuen CRRC-Züge aus China kommen zum Einsatz.
Im Jänner will die Regierung die lang erwartete Industriestrategie 2035 präsentieren. Eines der Themen ist dabei auch auch der Wettbewerb. „Wettbewerbspolitik mit Regeln und Rahmenbedingungen ist kein Gegensatz zur Industriepolitik“, stellte ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer am Dienstag klar.
Wenn Österreich nicht „wettbewerbsbereit“ sei, würde sich das Land in einer Position finden, „auf die wir nicht stolz sind“, sagte Hattmannsdorfer auf einer Fachtagung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und des Wifo. Marktmacht dürfe nicht missbraucht werden und mehr Angebot führe zu niedrigen Preisen, hielt Hattmannsdorfer ein Plädoyer für den Wettbewerb.
Viele Ökonomen seien grundsätzlich gegenüber interventionistischer Industriepolitik skeptisch, meinte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr. Allerdings habe sich die geopolitische Realität gravierend verändert, China und die USA würden volkswirtschaftliche Abhängigkeiten gegenüber anderen Ländern als Druckmittel verwenden. Europa und Österreich seien erpressbar und müssten diese Abhängigkeiten managen.
70 Milliarden Euro
Der Wifo-Chef plädiert für eine europäische Industriepolitik, eine Strategie könne nicht mehr nur national definiert werden und dürfe nicht zu eng gefasst werden. Wichtig seien die Energiepreise, Bürokratielasten, die Lohnnebenkosten und das CO2-Thema.
Felbermayr bezifferte das Volumen der öffentlichen Beschaffungsaufträge in Österreich mit jährlich rund 70 Milliarden Euro. Man müsse nicht gleich „Buy Austrian“ ausrufen, könne aber das Geld der Steuerzahler bei der Beschaffung stärker für Innovationen einsetzen und sich mehr an volkswirtschaftlichen Interessen orientieren.
ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth sprach sich für eine „strategische Auftragsvergabe im öffentlichen Sektor“ und eine Qualifizierungsoffensive der Mitarbeiter aus. Zentraler Punkt sind für die Gewerkschafterin die zu hohen Energiepreise.
BWB-Chefin Natalie Harsdorf berichtete, dass die meisten Beschwerden über Marktmissbrauch von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kommen würden. Fairer Wettbewerb sei kein Selbstzweck, „Wettbewerb muss auf Leistung beruhen und nicht auf Prinzipien“. Wettbewerb sei unangenehm, „das beste am Monopol ist das bequeme Leben“, ätzte der deutsch Wettbewerbs-Experte Justus Haucap, Berater von CDU-Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche.
Tobias Schweitzer, AK-Bereichsleiter für Wirtschaft, sieht die Bahnindustrie in Österreich als positives Beispiel mit „riesigem Ausbaupotenzial in der EU“. Die heimische Bahnindustrie stehe heute dort, „wo die Autoindustrie vor 20 Jahren war“. Ein Negativ-Beispiel, darüber waren sich alle Experten einig, sei die Bestellung der Westbahn von vier chinesischen Zügen. Das sei kein fairer Wettbewerb, da China den Import europäischer Züge nicht erlaube.
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