Das Quäntchen Glück zum richtigen Zeitpunkt", sagt Walter Lange, "hat immer mein Leben bestimmt." Der Gründer der renommierten deutschen Uhrenmanufaktur "A. Lange & Söhne" ist nach Wien gekommen, um mit Uhrmachermeister-Familie Hübner das 20-jährige Bestehen "seines" Unternehmens, in dem jährlich rund 5000 Uhren handgefertigt werden, zu feiern. "Auch wenn die Firma seit 2000 der Schweizer Richemont-Gruppe gehört, wird sie im Herzen immer meine sein", erklärt der gebürtige Sachse, dessen Vorfahr Ferdinand Adolph Lange 1845 den Grundstein für "A. Lange & Söhne" in Glashütte legte.
Die Liebe zu
Uhren wurde dem 90-Jährigen mit der unfassbaren Lebensgeschichte also in die Wiege gelegt. Mit
Österreich verbindet Lange seine Ausbildung zum Meisteruhrmacher in
Karlstein. "Eine schöne Zeit, aber dann ging alles Schlag auf Schlag." Wenn der sonst so fröhliche Mann über den
Zweiten Weltkrieg spricht, wird seine Stimme leise. Mit 18 Jahren musste er an die Front, wo er beinahe sein Leben verlor. "Glückliche Zufälle ließen mich 1945 nach
Glashütte zurückkehren, wo der Familienbetrieb noch aufrecht war", so Lange. Doch das Glück währte nicht lang: "Am 8. Mai, nur einen Tag nach meiner Heimkehr und wenige Stunden vor der Waffenruhe, wurde das Hauptgebäude der Manufaktur zerbombt." 1948 die endgültige Katastrophe für die Uhrmacher-Dynastie: die sowjetische Besatzungsmacht enteignet die Familie. Als man ihn zur Mitgliedschaft beim "Freien deutschen Gewerkschaftsbund" und zur Arbeit im Uranbergbau zwingen will, flieht der junge Mann in den Westen. "
Lange & Söhne war damit für mich Geschichte."
Der 24-Jährige geht nach
Pforzheim, heiratet und versucht mit Vater und Onkel wieder ins Uhrengeschäft einzusteigen. Doch die finanziellen Mittel fehlen. Also verdient er als Schmuck- und Uhrenhändler sein Geld, bis er 1989 in Rente geht. Just in dem Jahr, als die
Berliner Mauer fällt. Zwar habe er große Veränderungen durch die Wiedervereinigung auf
Glashütte zukommen sehen, "nicht aber, dass erst jetzt meine Karriere beginnen und ich beruflich bald in meine Heimat zurückkehren würde."Drahtzieher der Neugründung von "
A. Lange & Söhne" war
Günter Blümlein, der in den 70er-Jahren
IWC erfolgreich aus der Schweizer Uhrenkrise geführt hatte. "Er wollte
IWC – damals Tochterfirma der VDO Automotive mit Mehrheitsanteilen von
Jaeger-LeCoultre – an den Zenit bringen", erklärt
Walter Lange. "In meinem Wohnzimmer in
Pforzheim beschlossen wir,
Lange & Söhne am 7. Dezember 1990, genau 145 Jahre nach Erstgründung, wieder zum Leben zu erwecken. Da war ich 66 Jahre alt. Am 24. Oktober 1994 präsentierten wir die ersten vier Modelle."
"Lange 1" trägt er bis heute: "Sie ist, abgesehen von der Uhr, die mir mein Vater zum 21. Geburtstag schenkte, meine einzige Lange & Söhne", gesteht der kinderlose Witwer, der 2001 Blümlein und 2002 seine Ehefrau, "die zwei wichtigsten Menschen in meinem Leben", zu Grabe tragen musste. Doch selbst seine Krebserkrankung und die Übernahme von "A. Lange & Söhne" konnte
Walter Lange nicht in die Knie zwingen. Obwohl er keine Anteile mehr besitzt, trägt der 90-Jährige als Gründer-Legende den Spirit der Luxus-Uhr (mit Preisen zwischen 12.500 und 400.000 Euro) erfolgreich in die Welt hinaus.
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