VW rechnet wegen Abgasmesszyklen mit Produktionsausfällen

VW rechnet wegen Abgasmesszyklen mit Produktionsausfällen
VW-Chef Diess erklärt: Testprozedur viel komplexer und dauere länger.

Der neue Abgasmesszyklus bremst auch bei Volkswagen die Produktion. Konzernchef Herbert Diess sagte am Mittwoch vor der Belegschaft, die Testprozedur sei viel komplexer und dauere länger. "Wir müssen im 3. Quartal mit Ausfällen in der Produktion rechnen", erläuterte Diess. Die Neuwagen sollten nach und nach ausgeliefert werden, sobald sie die Tests durchlaufen hätten.

„Wir müssen allein bei der Marke Volkswagen innerhalb kürzester Zeit über 200 Modellvarianten neu prüfen und zulassen.“ Die Testprozedur sei viel komplexer und dauere länger, der gesamte Prüfaufwand sei drei- bis viermal so hoch wie bisher. „Um das zu bewältigen, wurde und wird auf den Prüfständen quasi rund um die Uhr getestet.“

Dennoch müssten viele Fahrzeuge zwischenzeitig gelagert werden. Damit die Zahl nicht zu groß werde, müsse VW im Wolfsburger Stammwerk nach den Werksferien bis Ende September sogenannte Schließtage einlegen, an denen die Produktion ruhe.

 

Wie diese Tage verteilt würden, solle in den nächsten Tagen mit dem Betriebsrat besprochen werden. Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte, die Auswirkungen dürften nicht allein den Beschäftigten aufgebürdet werden. Porsche hatte bereits mitgeteilt, dass sich der Verkauf von Neuwagen wegen der neuen Abgasmesszyklen verzögert.

Affentests: Cheflobbyist wieder im Amt

VW hat den in der Affäre um fragwürdige Affentests beurlaubten Cheflobbyisten Thomas Steg in seine alte Funktion zurückgeholt. Eine vom Vorstand in Auftrag gegebene Prüfung der Revision habe ergeben, dass Steg im Zusammenhang mit den Tests in den USA keine persönlichen rechtlichen Verfehlungen vorzuwerfen seien, sagte die für Integrität und Recht bei VW zuständige Vorständin, Hiltrud Werner.

 

Steg habe sich dennoch sowohl intern als auch in der Öffentlichkeit für sein Nichteingreifen in der Angelegenheit entschuldigt. Steg erklärte, er sei weder für die Planung noch für die Beauftragung und Genehmigung der Studie zuständig gewesen. "Die Studie war überflüssig und hatte keinen wissenschaftlichen Nutzen, sie hätte nicht stattfinden dürfen." Die Untersuchung selbst habe gegen keinerlei rechtliche Prämissen verstoßen. Er mache sich jedoch Vorwurf, moralisch-ethische Aspekte vernachlässigt zu haben.

Werner fügte hinzu, der Vorstand und auch sie persönlich seien der Auffassung, dass zu einer guten Unternehmenskultur auch gehöre, Mitarbeiter nach vollständiger Aufklärung eines Sachverhalts mit entlastendem Ergebnis voll und ganz zu rehabilitieren. Die darüber hinausgehende Überprüfung sämtlicher Versuchs-, Studien- und Forschungsprojekte des Unternehmens solle in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden. Über das Ergebnis wolle der Konzern dann informieren.

Volkswagen hatte den für Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit des Konzerns zuständigen Generalbevollmächtigten nach Bekanntwerden der Diesel-Labortests an Affen Ende Jänner beurlaubt. Steg, einst Vize-Regierungssprecher in Berlin, war einem Insider zufolge angelastet worden, die Affentests nicht gestoppt zu haben, als er davon erfuhr.

Auch Daimler und BMW haben personelle Konsequenzen gezogen. Die Stuttgarter stellten einen Mitarbeiter frei, der im Vorstand der für die Versuche verantwortlichen Forschungseinrichtung EUGT vertrat. Ein Daimler-Sprecher sagte, der Mitarbeiter habe das Unternehmen inzwischen verlassen. BMW hatte einen Konzernvertreter im EUGT-Vorstand in den Innendienst versetzt. Inzwischen sind die internen Untersuchungen auch hier abgeschlossen. Dem Mitarbeiter sei kein rechtswidriges Verhalten vorzuwerfen, er habe seine Aufgaben inzwischen wieder vollständig übernommen, erklärte BMW.

Volkswagen, Daimler, BMW und der Zulieferer Bosch hatten die Forschungsgruppe EUGT 2007 gegründet. Bosch zog sich später zurück. Das Ziel der inzwischen aufgelösten Vereinigung war es, die Gesundheitsfolgen von Schadstoffen wie das von Dieselmotoren ausgestoßene Stickoxid zu erforschen. Der Lobbyverein wollte 2014 mit Versuchen an Affen offenbar nachweisen, dass Dieselabgase weit weniger gefährlich sind, als von der Weltgesundheitsorganisation WHO festgestellt. Der Lobbyverein förderte auch ein Experiment, bei dem sich in Deutschland mehrere Probanden an einem Institut der Uniklinik RWTH Aachen dem Reizgas Stickstoffoxid aussetzten.

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