Was auf die betroffenen Auto-Besitzer zukommt

Ein silberner VW Passat wird auf Abgasemissionen geprüft.
Rückruf dürfte sich bis Ende 2016 hinziehen. Österreicher Hans Dieter Pötsch wird Aufsichtsratschef.

Weltweit wird in den VW-Werkstätten im kommenden Jahr Hochbetrieb herrschen. Wegen des Skandals um manipulierte Abgastests müssen im schlimmsten Fall konzernweit 11 Millionen Autos überholt werden.

Die schon bekannten Fakten zur Umrüstung:

Wann beginnt die Rückrufaktion?

Laut Plan sollen im Januar 2016 die ersten Autos in die Werkstätten, kündigte VW-Chef Matthias Müller in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ an. Bis zum Ende des kommenden Jahres sollen dann alle betroffenen Autos überholt sein. VW könnte dafür sogar spezielle Werkstätten auf Zeit einrichten. Müller schloss aber auch nicht aus, manche Autos komplett auszutauschen, anstatt sie umzurüsten: „Das muss man im Einzelfall prüfen.“

Mehr dazu:

Was will Volkswagen an den Motoren genau ändern?
Es geht bei den Nachbesserungen nicht nur um die Manipulations-Software. Für die meisten Motoren genüge es zwar, wenn ein neues Programm aufgespielt werde, sagte Müller. Manche Autos könnten aber auch neue Einspritzdüsen und Katalysatoren bekommen. Die Umrüstung ist auch deshalb kompliziert, weil der betroffene Motortyp EA 189 in zahlreichen Kombinationen und Ländervarianten verbaut ist. Motorenexperte Prof. Jörn Getzlaff von der Hochschule Zwickau hält es aber für möglich, dass Volkswagen keine komplett neue Technik entwickeln muss: „Es kann durchaus sein, dass VW auf eine Lösung zurückgreift, die der Konzern schon heute in seine neue Motorengeneration einbaut.“ Diese neuen Aggregate erfüllen die strengeren Umweltauflagen der Euro-6-Norm.

Werden die Autos dann sauberer, aber dafür langsamer?
Das ist möglich. Durch die Umrüstung könnten sich die Leistung und der Spritverbrauch ändern, sagt Getzlaff. Es müsse aber nicht unbedingt so sein, dass das Auto dann langsamer wird und mehr verbraucht. VW-Chef Müller sagte, es sei wichtiger, „das CO2-Ziel zu halten und dafür vielleicht auf 3 bis 5 km/h Höchstgeschwindigkeit zu verzichten“.

Muss VW trotz Umrüstung Schadenersatz an Autobesitzer zahlen?
Autokäufer müssten sich vermutlich zunächst mit dem Verkäufer des Autos streiten - in den meisten Fällen also mit dem Händler, nicht mit dem VW-Konzern, erklärt Thomas Rüfner, Rechtsprofessor an der Universität Trier. Es sei möglich, dass der Händler Autos zurücknehmen müsse. Dafür müssten aber einige Voraussetzungen erfüllt sein: erhebliche Mängel, also dass das Auto nach der Umrüstung zum Beispiel deutlich langsamer fährt oder viel mehr Sprit verbraucht. Der Kauf darf auch nicht länger als zwei Jahre zurückliegen. „Der Autokäufer würde vermutlich den kompletten Kaufpreis zurückbekommen, müsste aber wohl nachträglich für die Nutzung des Autos zahlen“, sagt Rüfner. Wenn sich die Fahreigenschaften des Autos nur in geringem Maße ändern, könne aber der Kaufpreis gemindert werden.

Können auch Besitzer älterer VW-Dieselautos Geld zurückbekommen?
Eine VW-Kundin, die ihr Auto im Jahr 2010 gekauft hat, versucht das bereits. Sie hat eine Klage direkt gegen den VW-Konzern eingereicht, unter anderem wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Die Frau sehe sich in ihrer Erwartung enttäuscht, ökologisch unterwegs zu sein, teilte ihr Anwalt mit. Ein VW-Sprecher wollte sich zu der Klage zunächst nicht äußern, der Vorgang sei ihm nicht bekannt.

Pötsch neuer Aufsichtsratschef

Ein Mann mit Anzug und Krawatte setzt seine Brille auf.
Hans Dieter Pötsch
Am Mittwoch wählte der Aufsichtsrat den bisherigen Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch zum Oberaufseher. Der 64-jährige Österreicher löst den amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Berthold Huber ab. Der Ex-IG-Metall-Chef hatte diesen Posten vorübergehend übernommen, nachdem Firmenpatriarch Ferdinand Piech im April im Machtkampf mit Konzernchef Martin Winterkorn zurückgetreten war. Allerdings gibt es an Pötschs Bestellung auch Kritik, weil nicht geklärt sei, ob er in den Abgasskandal involviert ist.Er kündigte ebenso wie Konzernchef Matthias Müller eine restlose Aufkl#rung der Vorgänge an. Nachfolger von Pötsch als Finanzvorstand wurde der bisherige Chef der VW-Finanztochter, Frank Witte.

Volkswagen hat dem deutschen Kraftfahrt-Bundesamt fristgerecht einen Zeit- und Maßnahmenplan zur Bewältigung des Abgas-Skandals vorgelegt. Das "umfangreiche Schreiben" sei am Mittwoch eingegangen, es werde darin von einer Rückrufaktion gesprochen, sagte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Abend in Berlin.

VW plant demnach für die von Manipulationen betroffenen 2-Liter-Autos eine Software-Lösung, bei den 1,6-Liter-Motoren sei "mit großer Sicherheit" zusätzlich eine motortechnische Anpassung nötig. Die technische Lösung für die 1,6-Liter-Motoren sei nicht vor September 2016 zu erwarten. Davon seien in Europa 3,6 Millionen Fahrzeuge betroffen. "Daher wird man darüber noch zu reden haben, wie lange dann die entsprechende Umrüstungsphase auch dauert", sagte Dobrindt.

VW hatte bis Mitternacht Zeit, einen Maßnahmenplan vorzulegen. Laut Dobrindt beinhalten die Unterlagen "sehr umfangreiche technische Detailerläuterungen" und auch rechtliche Ausführungen.

Die Rückrufaktion betrifft dem Minister zufolge Fahrzeuge mit Euro-5-Diesel-Motoren und 2,0 sowie 1,6 und auch 1,2 Liter Hubraum. Die neue Software für die 2-Liter-Autos solle noch im heurigen Jahr vorliegen und von Anfang 2016 an eingebaut werden. Zu den 1,2-Liter-Autos nannte Dobrindt keine Details.

Der Minister betonte, er gehe davon aus, dass VW in der Lage sei, das Problem technisch zu lösen. "Ob jede einzelne Maßnahme, die jetzt vorgeschlagen ist, geeignet ist dafür, müssen die Fachleute des KBA entsprechend entscheiden."

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