Vollgas in die Pleite: Kfz-Handel im Umbruch

Vollgas in die Pleite: Kfz-Handel im Umbruch
Ein Drittel aller Kfz-Händler könnte in den nächsten fünf Jahren pleite gehen. Sie geben den Herstellern die Schuld.

Im Kfz-Handel schrillen die Alarmglocken. Die Zahl der Insolvenzen ist im Auto- und Zweiradhandel 2018 um 43,5 Prozent gestiegen, während sie in allen anderen Branchen zusammengenommen um 1,8 Prozent zurückgegangen ist. "Was da passiert, ist erschreckend“, sagt Ferdinand O. Fischer, Vorsitzender des Fachausschusses Zweiradhandel in der Wirtschaftskammer Österreich und Harley-Davidson-Händler in Wien. Das bedeute nämlich, dass in fünf Jahren ein Drittel aller Händler verschwunden sein werde.

Ein Drittel aller heimischen Kfz-Händler steht vor dem Aus.

Der Zweiradhandel ist davon stärker betroffen als der Autohandel, sagt Fischer. Ziel der Hersteller sei es, den Verkauf in Zukunft selbst abzuwickeln und die Händler aus dem Geschäft zu drängen. Zumindest teilweise, derzeit laufe es auf eine Mischform hinaus. "Das ist nicht Fisch, nicht Fleisch", sagt der Zweiradhändler. Lukrative Geschäfte, wie den Verkauf ganzer Flotten, wollen die Hersteller übernehmen.

Keinen Plan

Weniger lukrative Geschäfte würden sie den Händlern überlassen, wie zum Beispiel den Verkauf in abgelegenen Regionen oder weniger gefragter Modelle. "Wenige Hersteller haben einen Plan oder binden Händler ein. Man kann wirklich sagen, sie wissen nicht, was sie tun“, klagt Fischer. Auch die Margen kämen immer mehr unter Druck. Der Durchschnitt liege bei 0,6 Prozent, weshalb viele Händler in der Verlustzone seien. Kleinen Betrieben würde als Ersten der Atem ausgehen.

Letzen Endes würden auch die Kunden draufzahlen, ist Fischer überzeugt. Weniger Händler würden weitere Wege und längere Wartezeiten bedeuten, wie zum Beispiel bei Reparaturterminen. Die meisten Händler betreiben nämlich auch Werkstätten, und die würden dann auch wegfallen. Außerdem würden die Hersteller viele Anfragen über Callcenter abwickeln, was nervenaufreibend sein könne.

Nicht viel besser ist die Situation im Autohandel. "Die Hersteller schreiben den Händlern immer mehr vor, wie die Betriebe auszusehen haben“, sagt Klaus Edelsbrunner, Obmann des Fahrzeughandels in Österreich. Ähnlich wie bei McDonald’s müssten alle Standorte gleich gestaltet sein, von der Auslage, der Warenannahme bis hin zur Werkstatt. Es gehe so weit, dass sogar die Zahl der Steckdosen vorgeschrieben werde. Viele Händler könnten sich das nicht leisten und würden pleitegehen oder vorher zusperren. In der Branche herrsche große Unsicherheit, befeuert durch die Frage, welche Antriebstechnik komme. "Niemand weiß, ob es sich Richtung Elektroauto oder Wasserstoff entwickelt und wie es mit Diesel und Benzin weitergeht“, sagt Edelsbrunner. Deshalb wolle niemand investieren.

Allmacht der Händler

Auch im Autohandel könnten die Kunden zum Handkuss kommen. "Die Hersteller wollen Vertriebskosten senken, mehr über das Internet verkaufen und den Handel ausschalten“, sagt Josef Schirak, Sprecher des Fahrzeugeinzelhandels. Der E-Auto-Hersteller Tesla habe bereits angekündigt, in Zukunft fast nur noch über das Internet verkaufen zu wollen. Andere Hersteller würden folgen, glaubt Schirak.

Doch wo soll der Kunde hingehen, wenn beim neuen Auto etwas nicht funktioniert oder er sich wegen der zunehmenden Komplexität nicht auskennt? Ohne Händler gehe es nicht, ihnen seien aber die Hände gebunden: "Wir können nichts tun, die Allmacht liegt bei den Herstellern“, sagt Schirak.

Abwärtstrend in der Kfz-Branche

2018 gingen 132 heimische Kfz-Händler in Konkurs, was eine Steigerung von 43,5 Prozent  im Vergleich zum Jahr davor bedeutet. Vor zehn Jahren gab es in Österreich rund 3000 Autohändler, derzeit sind es 2000. 2018 wurden 340.000 Autos neu zugelassen, ein Minus von 3,5 Prozent. Die gesamte Automobilwirtschaft trägt in Österreich mit 43 Milliarden Euro knapp elf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. 450.000 Leute  finden in der Branche Beschäftigung. 

Hohe Wertschöpfung

Die Wertschöpfung der österreichischen Motorradwirtschaft beträgt 2,9 Milliarden  Euro, was 0,89 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht.  Die Steuerleistung liegt bei 696 Millionen Euro. 41.000 Beschäftigte arbeiten in diesem Bereich, es gibt 1.405 Händler. Der Gesamtbestand der Motorräder und Mopeds  liegt bei 809.037 Stück. Das heißt, dass jeder zehnte Österreicher ein Zweirad besitzt. Die Neuzulassungen sanken 2018 um 6,4 Prozent auf 38.142 Fahrzeuge.

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