VÖZ-Zeitungsmatinee ergründet Digitalwandel und Datenschutz

VÖZ-Zeitungsmatinee ergründet Digitalwandel und Datenschutz
VÖZ-Präsident und KURIER-Geschäftsführer Kralinger betonte, dass der Schutz persönlicher Daten seit jeher "ein hohes Gut war".

Der digitale Wandel und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind am Donnerstag im Zentrum der Zeitungsmatinee des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) gestanden. Zum Auftakt sprach Autor und Digitalisierungskritiker Andrew Keen unter anderem über die Kernthesen aus seinem aktuellen Werk "How To Fix The Future".

Die Zukunft sei kaputt, lasse sich aber noch retten, konstatierte Keen. "Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Überwachung und soziale Zerwürfnisse - angesichts der zahlreichen Probleme der digitalen Revolution müssen wir die menschliche Handlungsfähigkeit schleunigst wiedererlangen." Wie diese Rückeroberung gelingen könnte, zeigen die Beispiele der Experten, die Keen weltweit - etwa in Deutschland, Singapur, Estland, Indien, Brüssel und dem Silicon Valley - aufgesucht hat. Regulierung, Innovation, Verbrauchermacht, Bürgerbeteiligung und Bildung seien die Schlüsselfelder, um die Digitalisierung positiv zu gestalten. Dass es der Menschheit nach der industriellen Revolution bereits einmal gelungen sei, den frühen Kapitalismus erfolgreich zu zähmen, stimmt Keen zuversichtlich: "Auch jetzt gilt es, den drastischsten Verwerfungen der digitalen Transformation gemeinsam entgegenzuwirken." Das Ziel müsse die Vereinbarkeit von Mensch und Maschine sein.

Die Dynamik des digitalen Umbruchs verstehen

Auch Big Data-Experte Viktor Mayer-Schönberger beschäftigte sich mit den Konsequenzen der technologischen Transformation: "Wir müssen die Dynamiken des digitalen Umbruchs verstehen und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die digitale Veränderung Markt und Demokratie befördert, nicht zerstört", sagte er. Märkte hätten in der Vergangenheit vorrangig über den Preis und nicht über Produktdetails funktioniert. Heute sei das anders, der Preis spiele keine so große Rolle mehr. Datenreiche Märkte - Google, Facebook, Apple, Amazon und Airbnb seien solche - würden preisbasierte Märkte überholen, indem sie ein besseres Service böten. Gelinge es in Zukunft nicht, diese Machtkonzentration zu brechen, seien Marktwirtschaft und Demokratie in Gefahr. Dabei käme es auf Vielfalt und Solidarität an - nicht auf Protektionismus, Aktionismus und Nationalismus. Durch Maßnahmen wie etwa die Pflicht zum Datenteilen, könne Innovationskraft sichergestellt und einer Machtkonzentrationen entgegengewirkt werden. Laut Mayer-Schönberger drängt die Zeit: "Verpassen wir hingegen diese aktuelle Gestaltungschance, setzen wir die freiheitlich-demokratische Zukunft unserer Gesellschaft aufs Spiel."

Andrea Jelinek, die Vorsitzende des Europäischen Datenschutzausschusses und Leiterin der Österreichischen Datenschutzbehörde, erörterte "Das Grundrecht auf Datenschutz". Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) habe die Europäische Union ihre Gestaltungschance in einer globalisierten und digitalisierten Welt genützt. "Das Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai 2018 war sicherlich nicht der Endpunkt - sondern vielmehr der Beginn dieser Entwicklung." Es sei eine enorme Errungenschaft für alle Bürgerinnen und Bürger, nun tatsächlich ein einheitliches Datenschutzregime in der EU zu haben. Das allgemein gestiegene Bewusstsein für Datenschutz sei bereits einer der ersten positiven Effekte der DSGVO. Positive Effekte habe die DSGVO sowohl für Verantwortliche als auch für Beschwerdeführer: Der Datenschutzaktivist Max Schrems "muss nicht mehr nach Irland fahren, um eine Beschwerde einzubringen, sondern kann das in Österreich machen", so Jelinek. Die hohen Strafandrohungen hätten dazu geführt, das Thema Datenschutz auf CEO-Ebene zu heben: "Vergehen können nun nicht mehr aus der Portokasse gezahlt werden." Jelinek betonte aber auch, dass "die große Furcht vor den 20-Millionen-Euro-Strafen heraufbeschworen" sei, es sei "unfair, dass mit der Angst gute Geschäfte gemacht wurden und werden".

Die Disruption der Medienwelt meistern

Und schließlich sprach Digitalexpertin und Medienmanagerin Anita Zielina über "Die Redaktion der Zukunft" - konkret darüber, in welche Skills und Mitarbeiter Medienunternehmen künftig investieren müssen, um die Disruption der Medienwelt erfolgreich meistern zu können und konkurrenzfähig zu bleiben. Eine "gute Guideline" sei, Investitionen und Personalmaßnahmen immer an der Strategie beziehungsweise am strategischen Ziel des Unternehmens auszurichten. Internationale Entwicklungen würden zeigen, dass 30 Prozent der Mitarbeiter in fünf Jahren ihren Job "nicht mehr so machen werden können, wie sie ihn heute machen", betonte Zielina. Von Storytelling bis Audience Management und von Produktmanagement über Social Media - neue Rollen in Redaktionen seien essenziell, um digital innovativ zu bleiben. Es gehe nun darum, als Arbeitgeber entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Mitarbeiter, die dann nicht bereit seien, sich den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen "sind in einem Medienunternehmen im Jahr 2018 falsch aufgehoben", so Zielina.

VÖZ-Präsident und KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger betonte zu Beginn der Zeitungsmatinee, dass der Schutz persönlicher Daten für Verleger seit jeher "ein hohes Gut war". Der rechtliche Rahmen im digitalen Raum gehöre allerdings "an der einen oder anderen Stelle geschärft", insbesondere pochte er auf ein "Level-Playing-Field" ausnahmslos für alle Marktteilnehmer. Im Anschluss an die Zeitungsmatinee findet am Nachmittag die 65. Generalversammlung statt, in der auch ein neuer Präsident gewählt wird. Kralinger steht seit nunmehr sechs Jahren an der Spitze des Zeitungsverbands und wurde zuletzt 2016 für zwei weitere Jahre in seinem Amt bestätigt.

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