Leere Geschäfte außerhalb der Tourismusmonate. Die Gewerkschaften sehen keinen Sinn in den neuen Ladenöffnungszeiten.

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Griechenland

Viel zu wenig Geld für das große Shopping am Sonntag

Streit um die Sonntagsöffnung. Besitzer kleiner Läden fürchten um ihre Existenz.

09/08/2014, 06:00 AM

Der Sonntag ist dafür da, dass man einen Kaffee mit Freunden und mit der Familie trinkt", erklärt eine junge Frau, während sie Kleider aus den Umkleidekabinen räumt und wieder auf die Stangen im Laden hängt. Sie ist ungeschminkt, trägt eine schwarze Hose und ein zerknittertes schwarzes T-Shirt mit dem Namen des Ladens, in dem sie arbeitet – eine große internationale Kette, die im Zentrum von Athen eine Filiale hat.

Es ist Sonntag, eigentlich ein Ruhetag. Doch seit Anfang Juli dürfen Geschäfte in Teilen Griechenlands das ganze Jahr sieben Tage in der Woche offen bleiben. Die Maßnahme hat die griechische Regierungskoalition, geführt von der konservativen Partei Nea Demokratia des Premiers Antonis Samaras, per Gesetz eingeführt, um die heimische Wirtschaft zu stärken. Diese soll sich von einer sechsjährigen Rezession bereits erholen.

Heuer erwartet die Europäische Kommission zum ersten Mal seit Anfang der Krise 2009 in Griechenland ein Mini-Wachstum von 0,6 Prozent. Im kommenden Jahr soll es sogar auf 2,9 Prozent klettern. Die Arbeitslosigkeit soll dagegen auf 24 Prozent sinken.

Neue Jobs

Die neuen Ladenöffnungszeiten würden mindestens 300.000 neue Jobs schaffen, hofft die Regierung. Das Gesetz gilt nur für die Hauptstadt Athen, für Thessaloniki, die zweitgrößte Metropole im Norden, und für große Tourismuszentren wie etwa die Inseln Rhodos, Santorin und Mykonos. Nächstes Jahr könnte er aber auf ganz Griechenland ausgedehnt werden.

Mitarbeiter und Ladenbesitzer wollen das gar nicht. Im Sommer haben sie die Einführung der neuen Regelung mit heftigen Straßenprotesten empfangen. "Während der Saison haben die meisten Läden in touristischen Gegenden sowieso am Sonntag offen. Doch rund um das Jahr offen zu haben, das ist verrückt", meint Nikos Megrelis, Pressesprecher der Vereinigung kleiner und mittelgroßer Unternehmen GSEVEE. Dass die Sonntagsruhe nicht mehr heilig ist, ist nur ein Teil des Problems.

Die Geschäfte in Griechenland hatten bisher nicht nur am Sonntag, sondern auch traditionell am Montag oder Mittwochnachmittag geschlossen. Das ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern wird durch interne Vereinbarung der lokalen Handelsvereinigungen in den Städten geregelt.

Die Sonntagsöffnungszeiten seien besonders für die kleinen Familienläden eine Katastrophe, sagt Megrelis. Die Kosten, etwa für Strom oder Überstunden der Mitarbeiter seien größer als der potenzielle Gewinn.

"Wegen der Krise ist das eigentliche Problem nicht, dass die Läden zu kurz offen haben, sondern, dass die Menschen kein Geld zum Einkaufen haben", meint er. Seit 2009 haben die Griechen bis zu 40 Prozent ihres monatlichen Einkommens durch Gehaltskürzungen verloren.

So haben seit der Einführung des Sonntagseinkaufs in Athen im Grunde nur große internationale Ketten offen wie etwa Zara, Promod und Body Shop, und dies allein auf der Haupteinkaufsstraße Ermou im Athener Zentrum, unweit der Akropolis. Die Läden sind fast leer.

Höheres Gehalt

Die Verkäuferinnen wissen nicht, was sie bei ihren Sonntagseinsatz verdienen. "Es steht ihnen entweder ein höheres Gehalt oder ein zusätzlicher freier Tag zu, es gibt aber keinen Weg zu überprüfen, ob die Arbeitgeber das tatsächlich einhalten", beklagt Panos Kyriakoulias, ein Funktionär der Gewerkschaft der Privatangestellten.

Der Gewerkschafter gibt zu, dass manchen Kunden der Sonntagseinkauf gefällt. Doch für Kleinladenbesitzer sei die neue Regelung eine Katastrophe, behauptet er. "Etwa 75 Prozent der Läden in Griechenland sind kleine Geschäfte. Für sie wird es sehr teuer, mit den großen Ketten zu konkurrieren, und viele werden schließen müssen."

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