Versandhändler Neckermann ist pleite

Das Neckermann.de-Logo auf einem modernen Bürogebäude, teilweise von Bäumen verdeckt.
Eigentümer Sun Capital will Sanierungsplan nicht mittragen. Unternehmen stellt nun Insolvenzantrag.

Der Versandhändler Neckermann ist pleite. Der US-Investor Sun Capital Partners als Eigentümer halte das Ergebnis der Sanierungsverhandlungen mit Arbeitnehmervertretern "nicht für tragfähig" und stelle dem Unternehmen deswegen "keine weiteren Mittel für die Finanzierung zur Verfügung", teilte Neckermann mit. Das Unternehmen könne deswegen nicht fortgeführt werden und habe Insolvenzantrag gestellt.

In den vergangenen Wochen hatten Neckermann zäh mit der Gewerkschaft Verdi und dem Betriebsrat verhandelt. Nach einem vorläufigen Scheitern der Gespräche hatte am Mittwoch zunächst ein Kompromiss erzielt werden können. Wie das Unternehmen mitteilte, hatten sich Neckermann, Betriebsrat und Verdi "in begrenztem Umfang auf Abfindungen und Transfergesellschaften" verständigt. Auch in weiteren Punkten sei eine Einigung zwischen Unternehmen und Belegschaft erzielt worden. Eigentümer Sun Capital Partners habe dieses Ergebnis aber nicht mitgetragen, erklärte Neckermann.

Die Geschäftsführung werden alles daran setzen, das laufende Geschäft auch in der vorläufigen Insolvenz aufrechtzuerhalten, erklärte das Unternehmen. Alle Möglichkeiten würden nun geprüft, das Geschäft fortzuführen.

Hintergrund: Das Unternehmen Neckermann

Neckermann.de gehört zu den größten Online-Versandhändlern in Deutschland. Das Unternehmen wurde 1950 in Frankfurt am Main als Neckermann Versand KG gegründet. 1995 startete es mit einem eigenen Online-Shop. Inzwischen erwirtschaftet Neckermann.de mit bundesweit rund 2.400 Beschäftigten nach eigenen Angaben fast 80 Prozent seines Umsatzes über das Internet.

Der Kaufmann Josef Neckermann hatte bereits in der Nazi-Zeit mit Hilfe des NS-Regimes mehrere Textilgeschäfte jüdischer Kaufleute übernommen. Wegen seiner Regimenähe durfte er in der unmittelbaren Nachkriegszeit zunächst nicht wirtschaftlich aktiv sein.

Die nach der Gründung 1950 immer dicker werdenden Kataloge mit preisgünstigen Textilien, Radios und großen Elektrogeräten waren bald wie die der Konkurrenten Otto oder Quelle in fast jedem Haushalt zu finden. Der 1961 eingeführte Werbeslogan "Neckermann macht`s möglich" wurde zum geflügelten Wort.

Neckermann stieg zudem ins Reisegeschäft ein, verkaufte Fertighäuser und Versicherungen und betrieb auch eine Kaufhauskette. In den 1970er Jahren geriet das Stammhaus in die Krise und wurde 1977 mehrheitlich von der Karstadt AG übernommen, die später mit dem Versandhändler Quelle fusionierte. Die Umbenennung in Neckermann.de 2006 stand für den neuen Fokus auf Online-Versandhandel.

Das Unternehmen wurde dann 2007 mehrheitlich an den US-Investor Sun Capital verkauft, ein Stellenabbau folgte. Nach der Pleite des KarstadtQuelle-Nachfolgers Arcandor übernahm Sun 2010 auch die übrigen Anteile. Wegen schwacher Geschäfte war ein radikaler Personalabbau vorgesehen, eine Lösung in Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi aber scheiterte nun. Neckermann-Reisen hat mit dem Versandhandel nichts mehr zu tun und gehört zum Tourismuskonzern Thomas Cook.

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