Urteil: Heta muss Milliarden an BayernLB zahlen

Nachdem Schulden-Zahlungen gestoppt wurden, fordern deutsche Banken Sanktionen gegen Österreich.
Landgericht München verurteilt Hypo-Badbank zur Rückzahlung von 2,26 Mrd. Euro - Heta wird dagegen berufen.

Das Landgericht München I hat die österreichische Abbaubank Heta zur Rückzahlung milliardenschwerer Kredite an die Bayerische Landesbank (BayernLB) verurteilt. Die Heta, die früher unter dem Namen Hypo Group Alpe Adria eine Tochter der BayernLB war, müsse 1,031 Milliarden Euro und 1,287 Milliarden Schweizer Franken (1,23 Milliarden Euro) an die BayernLB zurückzahlen, sagte Richterin Gesa Lutz am Freitag. Die Heta dürfe diese Beträge trotz ihrer Notlage nicht als Eigenkapitalersatz behalten, urteilte das Landgericht München am Freitag. "Gegenstand der Verurteilung waren Zahlungsansprüche aus zehn Kreditverträgen", heißt es dazu vom Münchner Gericht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Nicht gedeckt durch EU-Recht

"Diese Verbindlichkeiten sind sowohl Gegenstand des österreichischen Bundesgesetzes über Sanierungsmaßnahmen für die Hypo Alpe Adria Bank International AG (HaaSanG) vom August 2014, als auch des Zahlungsmoratoriums der österreichischen Finanzmarktaufsicht vom März 2015", hält die Münchner Justiz fest. "Das Gericht hat die Wirksamkeit der hierin angeordneten Erlöschens- und Stundungsanordnungen auf die dem deutschen Recht unterliegenden Ansprüche nicht anerkannt." Nachsatz: "Beide Maßnahmen können sich nicht auf EU-Richtlinien stützen. Es handle sich nicht um eine Sanierungsmaßnahme, wie das EU-Recht verlangt, "sondern um eine Maßnahme, die die Beendigung der Geschäftstätigkeit vorbereitet".

Volle Breitseite aus München

Es handelt sich" auch nicht um eine Maßnahme nach der EU-Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten. "Die Abwicklungsrichtlinie trägt den Besonderheiten und Risiken einer Abwicklung von Kreditinstituten Rechnung und kann den Eingriff in Rechte der Gläubiger einer ehemaligen Bank nicht rechtfertigen", urteilt das Landgericht München.

Heta-Sanierungesetz nicht anerkannt

Das österreichische Bundesgesetzes über Sanierungsmaßnahmen für die Hypo Alpe Adria Bank International AG (HaaSanG) "kann nicht einem behördlichen Abwicklungsverfahren nicht gleichgestellt werden", heißt es weiter. Das Moratorium (Zahlungsstopp) sei zwar von der Finanzmarktaufsicht, der zuständigen Behörde erlassen worden, aber zu diesem Zeitpunkkt (1. März 2015) sei die Bankonzession der Hypo/Heta längst erloschen gewesen. Diese endete am 30. Oktiober 2014.

Ein Teil der Klage der BayernLB, dabei ging es um einen Betrag von 300 Millionen Franken, werde allerdings abgewiesen, sagte Richterin Gesa Lutz. Beide Seiten hatten bereits früher signalisiert, dass sie bei einer für sie ungünstigen Entscheidung in Berufung vor dem Oberlandesgericht München gehen werden. Das österreichische Finanzministerium wollte sich zunächst nicht äußern.

Finanzminister gelassen

Das österreichische Finanzministerium gibt sich trotz der Niederlage der Abbaubank Heta im Milliardenstreit mit der BayernLB gelassen. „Für den Bund hat das keine Auswirkungen“, sagte eine Finanzministeriums-Sprecherin am Freitag. Für die Heta sei nun die Finanzmarktaufsicht (FMA) als Abwicklungsbehörde zuständig. Derzeit prüft die FMA einen Schuldenschnitt für die Gläubiger der Heta. Wie hoch er ausfällt, hängt auch davon ab, wie groß die Kapitallücke bei der Heta ist. Ein FMA-Sprecher sagte, Heta und FMA würden das Urteil analysieren.

Harte Attacken

Im Prozess um den Milliardenstreit zwischen der deutschen BayernLB und ihrer einstigen Kärntner TochterHypo Alpe Adria hatten Anwälte der österreichischen Bank noch am Freitag ihre Attacken fortgesetzt. Sie zweifelten vor dem Landgericht München die Kompetenz eines Gutachters an, den die Richterinnen beauftragt hatten. Als Sachverständiger sollte sich der Mainzer Jura-Professor Peter Mülbert zu strittigen Fragen zwischen beiden Seiten nach österreichischem Recht äußern.

Auftrieb für betroffene Hypo-Gläubiger

Da er weder in Österreich studiert noch geforscht habe, mangle es ihm aber an Sachkunde in diesen Fragen, kritisierten die Anwälte. Im vergangenen Jahr hatten sie in dem Mammutverfahren auch schon die drei Richterinnen ungewöhnlich scharf angegriffen und ihnen vorgeworfen, überfordert zu sein. In dem Prozess verlangt die BayernLB von der einstigen Tochter Hypo die Rückzahlung von rund 2,4 Milliarden Euro, die sie ihr früher gewährt hatte. Die frühere österreichische Bank weigert sich seit mehr als zwei Jahren, das Geld zu zahlen und sorgt damit für Empörung in Bayern.

Eigenkapitalersatz

Die Österreicher berufen sich auf das österreichische Eigenkapitalersatzgesetz, auf dessen Grundlage das deutsche Gericht entscheiden wollte. Nach Angaben der Heta stellte sich später heraus, dass ihr Eigenkapital eine Quote von acht Prozent unterschritten hatte und sie damit den Kredit behalten durfte. Die BayernLB bestreitet das. Richterin Lutz hatte bereits früher die Einschätzung geäußert, das österreichische Institut müsse beweisen, dass die Bayern von solchen unzulässigen Kapitallücken gewusst haben. Anderenfalls müsse es Milliardenkredite an die frühere Mutterbank zurückzahlen.

Auftrieb auch für andere Gläubiger

Inzwischen betrifft der Umgang Österreichs mit den Resten der Hypo auch etliche andere Banken in Deutschland, da das Land vor zwei Monaten auch die Hypo-Abwicklungsanstalt namens Heta auf Eis gelegt hat. Der Prozess vor dem Landgericht München hat wegen einiger grundsätzlicher Rechtsfragen auch Signalwirkung für andere deutsche Banken haben, die zum Teil dreistellige Millionensummen bei der Heta im Feuer haben. Das heißt: Sie müssen aufgrund des Zahlungsstopps seitens der Heta ihre Millionen-Investments in Hypo-Anleihen in den Wind schreiben.

"Jetzt muss Österreich seiner Verantwortung gerecht werden und die Schulden zurückzahlen"

Der Empörung seitens der BayernLB ist am Freitag die Genugtuung gewichen: "Das ist der Beleg dafür, dass das erste wacklig konstruierte Kartenhaus der HETA in sich zusammenfällt. Jetzt muss Österreich seiner Verantwortung gerecht werden und die Schulden zurückzahlen", kommentiert die BayernLB noch am Freitagabend das Urteil (die Stellungnahme der Heta lesen Sie unten).

Die Heta wird dagegen Berufung beim OLG München einlegen. Die Heta sieht wesentliche Teile ihrer Argumente in der Auseinandersetzung um die Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzgesetzes (EKEG) sowohl durch den Gutachter Professor Peter Mülbert, Mainz, als auch durch den Senat unter Vorsitz der Richterin Dr. Gesa Lutz nicht ausreichend gewürdigt.

Urteil: Heta muss Milliarden an BayernLB zahlen
Schoenaich-Carolath: Seit sechs Tagen an der HETA-Spitze
„Die Heta hat sich an die österreichischen Gesetze zu halten. Gemäß unserer eingeholten Gutachten sind die gewährten Mittel als eigenkapitalersetzend im Sinne des österreichischen EKEG zu qualifizieren", sagt Vorstandsvorsitzender Sebastian Prinz von Schoenaich-Carolath. "Wir sind fest davon überzeugt, dass die Heta sich absolut rechtskonform verhält und vermissen sowohl im vorgelegten Gutachten des deutschen Professors Peter Mülbert, Mainz, als auch im Spruch des Gerichtes eine korrekte Analyse der österreichischen Rechtslage.“

Rückzahlungssperre gilt

Die Heta wird daher ihre bekannte Position aufrechterhalten: Solange die Heta nicht saniert ist, besteht eine Rückzahlungssperre für die Darlehen der BayernLB. Gleichzeitig besteht ein Rückforderungsanspruch der Heta gegenüber BayernLB hinsichtlich bereits geleisteter Zahlungen.

Die Widerklagen der Heta übersteigen mit einem aktuellen Streitwert von EUR 4,8 Milliarden Euro die von der BayernLB geltend gemachten Ansprüche bei weitem. Das Mülbert-Gutachten, auf das sich das Gericht beruft, stellt auf die Erfordernis einer „subjektiven Kenntnis“ vom Vorliegen einer eigenkapitalersatzrechtlichen „Krise“ ab. Diese Meinung wurde bisher noch in keiner anderen Entscheidung oder veröffentlichten wissenschaftlichen Stellungnahme vertreten.

Laut einschlägiger Literatur und namhafter Experten des österreichischen Rechts kommt es richtigerweise ausschließlich auf objektive Kriterien an, um die Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts (Rückzahlungssperre, Rückforderungsansprüche) auszulösen. Mit seinem Gutachten widerspricht Mülbert damit jeder bislang publizierten Rechtsmeinung in Österreich, weshalb die Heta die Entscheidung des Gerichts nicht nachvollziehen kann. Schoenaich-Carolath abschließend: „Wir sehen die heutige Entscheidung des Senats nur als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer endgültigen rechtlichen Klärung. Die Heta sieht keinen Anlass, von ihrer Rechtsposition abzugehen. Es wird nun am OLG München liegen, alle vorgebrachten Argumente nach österreichischem Recht ordentlich abzuwägen.

Österreich zahlt einen aberwitzigen Preis für das Versagen von Politik und aller Kontrollinstanzen: Zwar ist es nur ein erstinstanzliches Urteil, und die Prozesse werden sich noch über Jahre ziehen. Aber dass die Heta vom Landgericht München zu einer Milliardenzahlung verurteilt wurde, ist eine Blamage - und ein Warnsignal. Wird das Debakel am Ende mit gar 18 Milliarden zu Buche schlagen? Leider ist das nicht ganz unrealistisch. Populismus und Kraftmeierei (auch von Finanzminister Schelling) werden uns da nicht retten. Realitätssinn wäre angebracht.

Prozessieren soll man nur, wenn man eine Chance auf Erfolg hat, sonst freuen sich nur Rechtsanwälte und Gutachter. Der Fall wird so nicht mehr eintreten, weil es Landeshaftungen nicht mehr gibt (danke EU). Aber bei der Finanzaufsicht könnte man ruhig noch ein paar ernsthafte Konsequenzen daraus ziehen.

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